DIE TEUFELSMAUER

Zur Zeit, da Christus als Mensch wandelte, trat ihn eines Tages der Teufel an und sagte: »Höre, wir beide vertragen uns nit gut zusammen; darum däucht's mir, es wäre besser für dich und für mich, wenn du mir einen Teil des Erdkreises einräumtest, wo ich allein Herr sei.«

Der Heiland willigte in das Begehren, jedoch mit dem Beisatze, daß der Teufel seinen Anteil Land bevor der Hahn kräht mit einer Mauer umfangen haben müsse. Deß war Meister Urian froh; die Jünger hingegen wunderten sich höchlich über des Herrn Tun. Er aber lächelte und sprach: »Laßt mich machen - ich kenne meinen Mann!«

Satan griff nun hurtig zu und riß aus den Bergen zentnerschwere Felsstücke und türmte sie aufeinander. Und während er so die Mauer erhob brannte er zugleich mit seinem glühenden Schweife eine tiefe Furche in den Erdboden und das sollte der Wallgraben sein. Doch seiner habgierigen und unersättlichen Natur gemäß legte er den Plan zu umläufig an und hatte sein Werk noch nicht halb vollendet als der Hahn rief und ihn schmählich zur Flucht trieb. Von dannen werden die heute noch gewaltig sichtbaren Trümmer des Baues nach seinem Urheber »die Teufelsmauer« benannt.

(gekürzt) Adalbert Müller

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen