DIE HEXE VOM ROTEN BÜHL

Im roten Bühl, einer hügeligen, von Riedgras bewachsenen Fläche bei Germannsdorf, liegt ein Granitblock, den man den Hexenstein nennt. Dort sollen sich nämlich in jeder 13. Nacht die Hexen versammeln und ihr Unwesen treiben. In einer solchen Nacht fuhr einmal ein Fuhrmann dort vorüber und sah eine Menge schwarzer Katzen, die sich unter gräßlichem Geschrei abrauften und balgten. Als er seine Peitsche über ihre Köpfe sausen ließ, da verschwanden die Tiere spurlos. Nach Jahren machte dieser Fuhrmann mit einigen Nachbarn eine Wallfahrt nach Altötting. Auf ihrer Reise kehrten sie in einem Dorfwirtshause ein. Eine alte, einäugige Wirtin bediente sie und fragte sie nach ihrem Woher und Wohin. Als sie hörte, daß die Gäste aus Germannsdorf seien, verzog sie ihr runzeliges Gesicht und sagte: »So, so, von Germannsdorf? Dort habe ich mein Auge verloren!« Der Fuhrmann kannte sich aus und erzählte beim Weiterwandern sein Erlebnis am Hexenstein im roten Bühl.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen