DIE HEXENNUDELN

In Gurlan bei Fürstenzell lebte eine Bäuerin, von der man schon lange munkelte, daß sie eine Hexe sei; doch konnte ihr niemand Unrechtes nachsagen. Niemand konnte also bestimmt behaupten, daß sie wirklich mit dem Bösen im Bunde sei. Eines Abends jedoch verriet sie sich. Sie ging meist so kurz vor Feierabend vom entlegenen Felde heim, daß es unmöglich gewesen wäre noch rechtzeitig das Essen fertig zu stellen. Aber kaum war sie an den Herd getreten, läutete sie schon zur Mahlzeit. Ein Knecht, dem das verdächtig vorkam, schlich ihr einmal nach und bemerkte zu seinem Erstaunen, daß sie mit einer Schüssel vor dem Kamin stand und rief: »Noch mehr Nudeln!« worauf sich die Schüssel mit den saftigsten Nudeln füllte. Bei Tisch sagte jener Knecht, nachdem er seine Ration aus der Schüssel auf den Teller gebracht hatte: »In Gott's Nam', jetzt geht's euch dran Nudeln!« Da lagen statt der Nudeln abscheuliche Kröten auf dem Teller.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen