DIE HEXENELSTERN
Ein Metzgerbursche ging eines Abends von Sulzbach nach Schärding. Unterwegs sah er sich plötzlich von einem Schwarm Elstern umringt und verfolgt. Die Vögel wurden immer zudringlicher und
wilder und schrien, daß den Burschen die Gänsehaut überlief. Da er sich nicht anders zu helfen wußte, nahm er sein Messer und warf es unter die gefiederten Schreihälse. Daraufhin hörte der
Lärm auf und alsbald hatten sich die Vögel verflogen. Etliche Jahre nach diesem Vorfall kam der Metzgerbursche in Geschäften den Inn hinauf und kehrte zu Mittag in dem Gasthause eines einsamen Dörfleins ein. Zu seinem größten Erstaunen fand er unter dem Eßbesteck, das ihm die einäugige Wirtin vorgelegt hatte, sein Messer wieder, welches er an jenem Abend nach der Elsternschar geworfen.
Auf seine Frage, wie sie zu diesem Messer gekommen sei, erklärte die Wirtin schließlich, sie sei vor einiger Zeit mit mehreren Freundinnen fortgewesen und in der Nähe von Sulzbach von einem jungen Burschen verfolgt worden. Müde von dem weiten Marsche habe sie nicht rasch genug fortgekonnt, so daß sie der Verfolger bald einholte und ihr sein Messer ins linke Auge stieß, daß es darin stecken blieb. Dies sei jenes Messer. Dem Metzgerburschen gruselte bei der Erzählung. Er wußte nun, daß die Wirtin eine Hexe und damals unter jenen Elstern war.
Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen