DER SCHNATTERER

Auf der Buche bei Kirchdorf im Wald lebte einst ein Mann, der als großer Sonderling galt. Wenn er in Feld und Wald herumging, was er häufig tat, konnte man ihn immer vor sich hinmurmeln hören und die Leute sagten: "was wohl der soviel zu schnattern hat?" Bald hieß er nur mehr kurzweg der Schnatterer. Der Schnatterer stand auch in dem Rufe eines Hexenmeisters und besaß den Höllenzwang und das schwarze Buch. Mit Hilfe des letzteren konnte er alles erfahren, was er nur wollte. Da geschah es, daß bei einem Bauern ein Pferd samt Geschirr und Wagen gestohlen wurde. Der Bauer ging zum Schnatterer und bat ihn, ihm den Dieb zu suchen. Dieser guckte ins schwarze Buch und im Handumdrehen hatte er's heraus, daß der Dieb mit Roß und Wagen eben in der Richtung nach Schönberg zu fahre. Sofort ging es an die Verfolgung. Als man nach Schönberg kam, war der Dieb bereits fort. Man setzte ihm nach; aber in jedem Orte hieß es: "der Mann mit dem Fuhrwerk ist vor kurzer Zeit zum anderen Tore hinaus!" In Linz erwischte man ihn endlich, als er gerade das Gefährte verschachern wollte. So kam der Bauer wieder zu seinem Eigentum und der Dieb ins Loch.

Dem Schnatterer hat später einmal der Teufel den Hals umgedreht.

MR

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen