DER TEUFELSRITT EINES HIRTENJUNGEN

Die Königswiese bei Burgdobl war vor vielen hundert Jahren ein See, der sich von Neuhaus am Inn bis Tutting, ja noch früher bis Malching hinzog. Als die fast turmhohe Felswand, welche seinen Abfluß verhinderte, durchbrochen wurde, floß der See ab und wurde bald fruchtares Weideland, das im Sommer einmal gemäht, hernach abgehütet wurde. Die Hütbuben tummelten da die Pferde ihrer Bauern, daß es eine Freude war.

Einmal sah ein Hütbube beim Abendgrauen in einem Graben einen alten, dürren Gaul liegen. Er wollte ihn mit einer Gerte aufjagen; die Mähre rührte sich jedoch nicht. Nun setzte er sich auf deren Rücken; da war sie wie der Blitz auf und sauste über die Ebene, daß dem Jungen Hören und Sehen verging. Voll Angst hielt er sich an der Mähne fest und als er das Gleichgewicht zu verlieren drohte, umklammerte er den Hals des Tieres, das schier in der Luft zu fliegen schien. Erst beim Morgengrauen blieb das Roß stehen und schüttelte sich so gewaltig, daß der arme junge Reitersmann zu Boden geschleudert wurde. Das geschah aber mit einer solchen Heftigkeit, daß er eine gute Weile ohne Besinnung liegen blieb. Als er wieder zu sich kam und um sich sah, erfuhr er, daß er zu Reichenhall sei.

Das Volk nimmt an, daß der Gaul der Teufel selber gewesen sei.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen