DAS VERSUNKENE KIRCHLEIN

Auf dem Wege von Wollaberg nach Aßberg war dort, wo jetzt das eiserne Kreuz steht, früher ein Kirchlein, in dessen Diensten ein alter Mesner, namens Andorfer, stand. Eines Nachts, so erzählt die Sage, als eben ein fürchterliches Gewitter über die Gegend ging, und der Regen in Strömen niederfloß, sei ein Raubritter auf seinem Beutezug hiehergekommen und hätte den Mesner gebeten, ihm und seinen Begleitern bis zum Morgengrauen Unterschlupf im Kirchlein zu gewähren, was ihm der Alte bereitwilligst zugesagt hätte. Des anderen Tages sei aber das Kirchlein mit Mann und Maus verschwunden gewesen; der Erdboden habe alles verschlungen. An der Stelle gehen nun Irrlichter um und manche haben aus der Tiefe Hundegebell und Glockengeläute vernommen; zeitweise soll man auch eine Stimme rufen hören:

"Anastas Andorfa -
Bin i denn ganz verworfa!
Anastas, lang is her!
Kennt mi koa Seel nöt mehr?
Suchts mi da in da Erd'
Mehr als dreißg Schuah verschert!
Andorfa, Andorfa,
Laßts mi auf enk no hoffa!"

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen