DAS HEXENPULVER

Im sogenannten Monikahäusl bei Postmünster lebte vor so und so vielen Jahren einmal ein Schneider. Er wanderte bald dahin, bald dorthin auf die Störe, wie es eben bei einem Landschneider der Brauch ist. Da kam er einmal in einen Bauernhof, in dem er sah, wie die Bäuerin eben ausrührte. Ehe sie aber ihr Geschäft begann, nahm sie aus einem Schächtelchen weißes Pulver und streute es ins Butterfaß. Sie erhielt darauf eine ungewöhnliche Menge Butter. Unser Schneider wollte nun auch so ein Hexenpulver haben und in einem unbewachten Augenblicke stahl er der Bäuerin soviel, als er zwischen Daumen und Zeigefinger flink packen konnte. Zuhause angekommen, fragte er gleich seine Alte, ob sie Rahm zum Ausrühren habe. Diese meinte, zum Ausrühren sei er noch zu wenig; aber der Schneider probierte es mit dem Wenigen. Er streute das Pulver darunter und rührte aus. Siehe! auch er bekam »einen großen Butter«.

Nachts nun kam ihm das Pulver gar nicht mehr aus dem Kopfe und er sann und sann, wie er es anstellen wolle, damit er wieder zu einem solchen gelange. Während er so dachte und spekulierte, klopfte jemand an das Fenster. Er öffnete es und fragte nach dem Begehr. Es stand ein Mann draußen, welcher ihm zurief. »Wenn Du Pulver zum Buttern willst, so will ich Dir solches geben; vorher aber mußt Du Dich da unterschreiben!« Dabei hielt er ihm einen Bogen Papier hin. Der Schneider erschrak ordentlich. Er schlug das Kreuz und rannte zum Weihbrunnkessel, der neben der Türe an der Wand hing und sprengte Weihwasser nach dem Fenster. Da verschwand der Mann.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen