WENN'S AVEGLÖCKLEIN LÄUT'T, WILL'S GOTT, IST RUHEZEIT

Beim St.. r in St. war man es von jeher gewöhnt, sich und das Vieh von Sonnenaufgang bis spät nach Sonnenuntergang zu schinden und zu rackern. Alles, was recht ist. Da ging nun einmal ein Nachbar zum St . . r hinüber und sagte zu ihm: »Hör', Nachbar! Glaubst du, daß es unserm Herrgott rechte Freude macht, wenn du nach dem Gebetläuten noch auf dem Felde stehst?« »Nix für ungut«, antwortete jener, »aber jeder macht's, wie's ihm taugt. Wenn meine Bummerl einmal nach Gebetläuten zu weinen anfangen, dann mach' ich Feierabend wie du.«

Des anderen Tages stand der St.. r wie sonst auf dem Felde und als das Aveglöcklein verhallt war, war er noch draußen. Auf einmal klang ein jämmerliches, herzzerreißendes Weinen an sein Ohr, so daß er den Pflug stehen ließ und sich umsah, woher denn das Geflehne komme. Er sah niemanden. Schon wollte er wieder weiterpflügen, als die Jammertöne sich wiederholten. Da gewahrte er, als er sich wieder umsah, daß die Ochsen die Köpfe trübselig zu Boden senkten und ihren Augen dicke Tropfen entrollten; dazu brachten sie so wehmütige Laute hervor, wie sie nur ein gequälter Mensch hervorzubringen vermag. Nun gedachte er der Worte, die er am vergangenen Tage gesprochen, machte das Kreuz und fuhr mit Pflug und Ochsen heimwärts. Von nun an gab es auch bei ihm zur rechten Zeit Feierabend.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen