Schloss Sommerau

Im Bauernkrieg, 1525, wurde die alte Wasserburg Sommerau von den aufständischen Bauern zum großen Teil zerstört. Ein Bauernhause kam damals vom Kirchhof her, setzte über den See und erstieg das Schloss an der Rückseite. Mancher Bauer wurde von den Verteidigern die Leiter hinunter in den See gestoßen, allein die Anstürmenden waren in so großer Überzahl, dass ihnen der Einstieg schließlich doch gelang. Und nun schlugen sie in ihrer Wut gegen die Ritter im Schloss kurz und klein, was ihnen an Geräten und sonstigen Gegenständen zu Gesicht kam. Sie zertrümmerten die Weinfässer und tranken sich voll, dass sie torkelten. Endlich steckten sie das Schloss in Brand.

Nun geistert alle Jahre, so erzählte uns der alte "Herrle", in der Mitternacht des 2. Mai ein riesiger Bauernhaufe zur halbzerstörten Burg hin. Jeder von ihnen trägt und schleppt etwas; die einen haben Richtscheit, Winkel und Lot, andere schleppen Steine und Balken, und wieder andere bringen Axt und Säge mit. Eilig beginnen sie, das zerstörte Gebäude wiederaufzurichten. Sie hacken und graben, sie führen die Mauern auf und setzen das Gebälk darüber.

Noch ehe eine Stunde verging, hatte die mehrere Tausend zählende, gespenstige Bauernschar das Werk vollbracht. Im Mondschein prangte das Schloss in derselben Gestalt und Mächtigkeit, die es vor der Zerstörung hatte.

Aber da schlug die Dorfuhr eins: es bröckelte und krachte im frisch erstandenen Bau, der stürzt ein und versinkt im See.

Das geisterhafte Bauernheer war auch verschwunden, kein einziges Männlein war mehr zu sehen, und vom Schloss stand wieder bloß der kümmerliche Rest.

Im nächsten und in jedem Jahre zeigte sich zur gleichen Mitternacht wieder derselbe Spuk, und um Schlag eins war dann jedes Mal wieder alles verschwunden.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 122f