Der Grenzstein bei Krombach
Einst ging ein Mann von Gelnhausen nach Krombach herüber. Er hatte
sich verspätet, und sosehr er sich auch eilte, es wurde doch dunkel,
bis er an das rote Kreuz kam, das in der Nähe von Krombach am Waldrande
steht. Obwohl es Nacht war, konnte er deutlich vor sich eine weiße
Gestalt erkennen, die schwarze Füße hatte und etwas in ihren
Händen trug. Der Mann getraute sich nicht vorwärts zugehen,
aber ebenso wenig umzukehren; denn die unheimliche Gestalt hätte
ihm ja nachkommen können. Während er so stand und die Angst
ihm den Schweiß austrieb, hörte er die Erscheinung sagen: "Wo
soll ich ihn denn hinsetzen, wo soll ich ihn denn hinsetzen?" Der
Mann versuchte auf einem Umwege vorbeizukommen, aber die Gestalt lief
mit und rief immer: "Wo soll ich ihn hinsetzen?" Da sprach endlich
der Mann in seiner Angst: "Wo du ihn herausgenommen hast." In
demselben Augenblick war das Schwarze an den Füßen der Erscheinung
verschwunden und gleich darnach die ganze Gestalt. Der geisterhafte nächtliche
Umgeher hatte wohl in seinem Leben einen Grenzstein zu Unrecht verrückt
und musste nun zur Strafe wandern, bis jemand es wagte, ihm Antwort zu
geben. Seitdem wurde er nicht mehr gesehen.
Quelle: Spessart-Sagen,
Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 81f