Im Gerichtswald

Es war ein Mann aus Edelbach, der ging in der Adventszeit vom Eicherhof nach Hause. Dabei musste er durch einen Wald, und wie er den betreten wollte, vernahm er aus der Ferne Hörnerschall und Jagdgeschrei. Der Mann wandte sich um, erblickte aber niemand.

Rasch näherte sich der Jagdlärm: Peitschenknallen durchschnitt die Luft, Horridorufe erschallten, und Schellengerassel erklang. Nun schaute der Edelbacher in die Höhe und sah eine Anzahl Männer in Jägergewand durch die Lüfte reiten: lauter vornehme Leute, Grafen und Fürsten mit Gewehren und Hunden.

Der Mann dachte sich seinen Teil und beschleunigte seine Schritte. Doch sagte er niemand etwas von dem, was er gesehen hatte. Im nächsten Jahre ging er um dieselbe Zeit denselben Weg wieder. Und er hörte neuerdings den Lärm in der Luft. Er blickte empor und sah die allerselbe Jagdgesellschaft wieder: vornehme Grafen und Fürsten auf schnellen Rossen und mit den kläffenden Hunden. Dem Edelbacher wurde bang, und er eilte nach Hause. Einige Tage darnach suchte er einen Einsiedler auf und erzählte ihm, was er gesehen hatte. Der Einsiedler sagte, dass einst mehrere Fürsten und Grafen an einem Sonntag zu Meerholz versammelt waren. Statt in die Kirche zu gehen und Gott die Ehre zu geben, wären sie in übermütigem Lärmen auf die Jagd geritten. Und nun müssten sie alljährlich am betreffenden Tag unstet durch die Lüfte rasen, bis der Frevel gesühnt wäre.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 82f