Der Freijäger

Wo die Waldanteile von Freudenberg, dem Dörrhof und vom Boxthal zusammenstoßen, liegt die Abteilung "Dreimärker". Das ist ein Ort, verrufen und gefürchtet weit und breit. Die Einheimischen meiden ihn wie das höllische Feuer, und wenn einer bei Nachtzeit dort vorbeiginge, würde man sich bekreuzigen und ein Gebetlein für seine arme Seele sagen. Denn dort am Dreimärker geht in stürmischer Nacht der Freijäger um, der einst auf dem Dörrhof gehaust hatte.

Finster ist die Nacht; nicht Stern noch Schein schimmern. Der Sturm heult und zerrt die Waldriesen, dass sie aufschreien und mit ihren langen Armen um sich schlagen. Da taucht Glut auf. Mannshoch überm Waldboden schwebt der Jäger durch den Tann, zur Seite sein lechzender Schweißhund. Wie glühende Kohlen leuchten seine Augen unter dem sauhaargeschmückten Hut, und heiser hallt sein Horrido, Horrido durch das Buschwerk.

Alle Schuld rächt sich auf Erden. Auch den Wilden Jäger traf einst solches Strafgericht. Als nämlich der Jägersmann noch auf Erden weilte und Flur und Hain durchjagte, hatte er drei Freischüsse. In maßloser Verblendung richtete sie der Verwegene gegen den Himmel: einen gegen den Mond, den anderen gegen die Sonne und den dritten gegen den Herrgott selber. Das war des Frevels zu viel. Drei schwere, blutige Tropfen fielen aus dem Gewölk, und mit rauchender Büchse sank der Dörrhöfer tot zu Boden.

Nächtens büßt er nun bis zu der Tage Ende, was er gefehlt. Wild, furchtbar war er zu Lebzeiten, wild, furchtbar wild ist er als Geist. Wer ihm begegnet, da er am Dreimärker jagt, muss der schönen Welt ade sagen, des Freijägers Blei reißt ihn in den bitteren Tod, und des Geistes Horridoruf ist seine Todesglocke.

Quelle: Spessart-Sagen, Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 221f