DIE WEGWEISENDEN LICHTER

Ein Bauer fuhr einmal zur Adventzeit den Weizen zur Schranne nach Vilshofen. Auf dem Heimweg wurde es dunkel, daß man kaum zwei Schritte weit sehen konnte. In der Angst, vom Wege abzukommen, schrie er um Hilfe. Da erschienen plötzlich zwei Lichtlein, die sich auf den Kummet der Pferde setzten und den Weg beleuchteten. Bei seinem Anwesen angekommen, sagte der Bauer: "Was bin ich euch schuldig?" Ein feines Stimmlein antwortete: "Eine Waage voll Vergeltsgott!"

"Vergelt's Gott tausendmal!" erwiderte der Bauer, worauf die Lichtlein verschwanden; nur jene Stimme rief noch: "Erlöst!"

Ein Bauer aus der Gegend von Hilgartsberg wurde stets nachts von einem Lichtlein heimbegleitet, und es öffnete ihm von der Hauptstraße weg alle Tore (Falter) und schloß sie auch wieder. Erst bei seinem Wohnhause verschwand es. Der Bauer fürchtete das Lichtlein und getraute sich nicht, es anzusprechen. Einmal kam das Lichtlein wieder und tat wie früher. Das letzte Tor schlug es mit solcher Gewalt zu, daß der Bauer durch den Luftdruck zu Boden geschleudert wurde. Unter Weinen eilte es hierauf dem Walde zu, wo alle Bäume knarrten und ächzten und sich wie im Sturme schüttelten und bogen. Seit dieser Nacht war das Lichtlein nicht wieder zu sehen.


Quelle: Waltinger, M., Niederbayerische Sagen, Straubing 1927, S. 73f.