Der nächtliche Ruf

Der Bürgermeister von Bamberg war ein kernfester Mensch, er stellte so recht einen Mann vor und war auch noch nicht alt. Einmal hatte er des Abends noch eine Besprechung in Gemeindesachen gehabt, und darnach musste natürlich auch ein Schoppen getrunken werden - darüber war es späte Nacht geworden. Der Bürgermeister wohnte hinterm Domplatz, wo jedes Kind weiß, dass es bei Nacht nicht richtig ist; wie er nun das Dombergl hinaufgeht, hört er sich von rückwärts dreimal laut beim Namen rufen. "Beyl, Beyl!" Er schaut sich überall um und sucht, aber niemand war zu sehen und alles wieder still. Da ist er sehr ernst heimgegangen und hat seinen Leuten gesagt: "Passt auf, das bedeutet mir was" - und richtig ist er drei Tage drauf am Schlagfluss gestorben.

Quelle: Andreas Haupt, Die schönsten Bamberger Sagen und Legenden, Bamberg 1877, neu herausgegeben von Gerhard Krischker 2002, S. 24