Kunigunde und die Wäscherin

Kunigunde, die Gemahlin Kaiser Heinrichs II., war Gebet und frommen Übungen vom Herzen zugetan und stand schon zu Lebzeiten im Rufe einer heiligen Frau.

Das ließ den gelben Neid nicht schlafen und Lästerzungen waren beständig an der Arbeit, den guten Namen der frommen Fürstin zu beflecken. Heuchelei sei ihr heiligmäßiges Leben, sagten die Verleumder; sie stelle sich nur vor der Welt so tugendhaft; im Geheimen sei sie dem Laster ergeben und nehme es gar nicht genau mit der Treue zu ihrem Gemahl.

Solche Lästerungen blieben der Kaiserin nicht verborgen, aber sie ertrug sie nach dem Beispiel Christi mit Ergebung und Geduld und vergalt nie Böses mit Bösem.

Einst lustwandelte Kunigunde mit einer vertrauten Dienerin am Regnitzufer zu Bamberg, in welcher Stadt sie mit ihrem Gemahl Hof hielt. Sie kam an die Brücke und wollte diese überschreiten. Da sah sie am Rande des Flusses Frauen, die Wäsche und Kleider reinigten. Sie blieb stehen und schaute den Eifrigen zu. Eine von diesen bemerkte die Kaiserin, zeigte mit der Hand nach ihr und sagte: "Seht, da steht die Scheinheilige, die Ungetreue!" Ob dieser Schmährede schoss der Fürstin jäh das Blut in die Stirn und Wangen und eine tiefe Röte gerechten Zornes flammte über ihr Gesicht. Sie bezwang sich aber und verließ ohne Gegenrede die Brücke.

Als sie auf der Burg angekommen war, befahl sie, in einen Korb drei Krüge Wein und allerlei Backwerk zu packen und einen Diener damit zu den Frauen an der Regnitzbrücke zu schicken. Das sende ihnen die Scheinheilige, die Ungetreue, sollte er sagen.

Der Diener ging an den Fluss, fand die Frauen und richtete seinen Auftrag aus. Die Wäscherinnen schauten zuerst verdutzt darein, griffen aber dann zu und kosteten die kaiserlichen Gaben. Zwei von ihnen fanden das Gebäck lieblich und wohlschmeckend und den Wein köstlich; die dritte aber, die der frommen Fürstin die Schmährede ins Gesicht geschleudert hatte, spuckte das Backwerk gleich wieder aus; es war in ihrem Mund zu Stein geworden; sie nahm einen Schluck aus dem Kruge - es war schales Wasser, was sie im Munde hatte. Die andern tranken aus dem gleichen Kruge und tranken herrlichen Wein. Da erschauerten alle ob des Zeugnisses, das der Himmel selbst für die Unschuld der verleumdeten Kaiserin gab. Weit in die Lande drang die Kunde von diesem seltsamen Ereignis und machte alle Lästerzungen verstummen.

Quelle: Andreas Haupt, Die schönsten Bamberger Sagen und Legenden, Bamberg 1877, neu herausgegeben von Gerhard Krischker 2002, S. 73 - 74.