Die Erscheinung im Bischofspalast

Es ist schon lange her, da hatten die Bamberger einen Fürstbischof, der war nicht eben unrecht, aber auch nicht gar so fromm wie ein Bischof sein soll und mehr aufs Trinken als aufs Fasten bedacht. Sein Vater hat auch noch gelebt und war recht rüstig.

Neue Residenz, Bamberg © www.SAGEN.at

Neue Residenz der Fürstenhöfe
Barockbau von Johann Dientzenhofer 1695 - 1704 erbaut.
Im Hintergrund die vier Türme des Bamberger Doms.
© Wolfgang Morscher, 12. November 2004

Eines Abends gab der Bischof ein Fest, bei dem der Wein reichlich floss. Es war schon Mitternacht, als der Bischof einen Diener ins Vorzimmer schickte, um Karten zu holen. Nach einer kleinen Weile kehrte der Diener ganz verdattert und kreidebleich zurück und sagte: "Ach, Bischöfliche Gnaden, draußen auf dem Stuhl sitzt Euer Herr Vater, der hat ein langes Hemde an und ganz starre Augen."

Der Bischof schimpfte den Diener tüchtig aus und ging selbst zur Tür, da sah er draußen im Vorzimmer seinen Vater, ganz wie's der Diener beschrieben hatte, aber gleich darauf war er nicht mehr da.

Am nächsten Tag ist dem Bischof angesagt worden, dass sein Vater in der Nacht, eben um die Stunde, wo er sich im Palast sehen ließ, gestorben war. Darnach ist der Bischof mehr in sich gekehrt und viel geistlicher geworden.

Quelle: Andreas Haupt, Die schönsten Bamberger Sagen und Legenden, Bamberg 1877, neu herausgegeben von Gerhard Krischker 2002, S. 24 - 25.