Bamberger Wage.

Von K.F.G. Wetzel.

Zu Bamberg in dem Dome
Ruht Kaiser Heinrich wohl,
Der Zweite dieses Namens,
Den Jeder deutschen Samens
Mit Recht hochhalten soll.

Auf seinem Grab gehauen
Steht die Gerechtigkeit,
Zu ihrer Hand die Wage;
Davon geht eine Sage
Aus grauer Väterzeit.

Das Zünglein an der Wage
Nicht ganz die Mitte hält;
Wann's aber gleich wird stehen,
Wird man anbrechen sehen
Das Ende dieser Welt.

In Walserland bei Salzburg
Ein wilder Birnbaum ist,
Ganz ausgedorrt zu schauen,
Der, einmal umgehauen,
Frisch immer wieder sprießt.

Wenn er zum vierten Male
Ausschlägt und Früchte trägt,
Wird sein in Walserfelden
Wohl eine Schlacht der Helden,
So all' die Bösen schlägt.

Dann herrschen die Gerechten
Auf Erden eine Zeit
Noch vor dem jüngsten Tage,
Bis ihnen steht die Wage
Ew'ger Gerechtigkeit.


Quelle: Alexander Schöppner, Bayrische Sagen, Sagenbuch der Bayerischen Lande, Band 1, München 1852, Nr. 210