256. Zigeuner in Obermaiselstein.

In der Gemarkung von Obermaiselstein hatten sich vor Jahrhunderten allmählich Zigeuner in großer Anzahl niedergelassen, woher es kommt, daß man noch heutigen Tags scherzweise Maiselstein das "Zigeunerländle" nennt. Solange man sie ruhig duldete, brannte in der Gegend nie ein Haus ab; ja sie hatten so sehr Macht über das Feuer, daß sie selbst auf dem Heustock ein solches anbrennen durften, ohne daß dadurch eine Feuersbrunst auskam oder das Heu verbrannte. Auch blieb, so lange sie da waren, die ganze Flurgemarkung vor jeglichem Hagelschlag und Unwetter verschont; denn sie hatten auch das Wetter in ihrer Gewalt, und die Bienenzucht blühte nie so sehr, als solange sie da waren, und Honig und Wachs gab es in Unmassen. Da begann man aber sie gewaltsam zu verdrängen, und sie zogen zunächst auf den nahen, prächtig bewaldeten Schwarzenberg. Als man sie aber auch hier vertrieb, zündeten sie vor ihrem Abzuge aus Rache den Wald an allen Ecken an, so daß er tagelang brannte und gänzlich vernichtet wurde.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 256, S. 265f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.