237. Wildes Fräulein als Magd.
1.
Beim Hofanzer in Vils hat man ein uraltes, großes Spinnrad, das
man seit langem nur mehr zum Fadenzwirnen verwendet, und das man das "Maringga-Rad"
heißt. Wie es aber zu diesem Namen gekommen, darüber erzählten
die Alten folgendes: In dem Hause stand vor gar langer Zeit eine Magd
von ganz fremdartiger Herkunft im Dienste. Sie war fleißig und rechtschaffen
und saß während des Winters fleißig und eifrig an dem
Spinnrade, hatte aber sonst mancherlei Eigenheiten, und niemand kannte
eigentlich ihren rechtmäßigen Namen. Eines Abends kam nun der
Bauer von Reutte her, und wie er am Galgenmösle vorbeiging, hörte
er von der Felswand herab eine Stimme rufen: "Sag doch der Maringga,
der Maringger sei g'storben!" Obwohl nun der Mann weit und breit
niemand mit dem Namen Maringga kannte, so ging ihm das doch im Kopfe um,
und als er zu Hause war, erzählte er davon, daß ihm jemand
am Galgenmösle zugeschrien habe, er solle der Maringga B'richt tun,
der Maringger sei g'storben. Da stand sogleich die Magd vom Spinnrad auf
und verließ das Haus, und niemand wußte, wohin sie gegangen.
Das aber konnte man nun entnehmen, daß sie die Maringga gewesen,
und von da an hieß man das Rad, an dem sie so viel und fleißig
gesponnen hatte, nur mehr das "Maringga-Rad".
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers
"Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus"
ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 237,
S. 247.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.