90. Das Steigweible bei Eglofs.

Bei der Steig zwischen Eglofs und Isny ließ sich vor alters oftermalen ein sonderbares, kleines, altes Weiblein blicken, das die Leute in Furcht setzte und das man gemeinhin nur das "Steigweible" hieß. Es hatte ganz altmodische Kleider an, einen "Schiehut" auf und trug an der Seite einen "Armkratten". Gewöhnlich begleitete es die Vorübergehenden eine Strecke weit, ohne ein Wort zu reden oder auf eine Frage zu antworten, und verschwand dann wieder. Oft stellte es die Fuhrwerke, daß die Rosse keinen Schritt mehr weiter wollten.

Den Leuten stand es nicht selten in den Weg, daß sie auf die Seite gehen und ihm ausweichen mußten, und wer nicht mußte, mochte diesen Weg, besonders zur Nachtzeit, nie gerne gehen. An der Stelle, wo sich das Weible gewöhnlich herumtrieb, hat man zuweilen nachts auch ein Licht hin- und herirren sehen.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 90, S. 99.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.