224. Die Schweden in Oberstdorf.

Als die Schweden gegen Oberstdorf angerückt kamen, flüchteten viele in die Berge, und auch die Kirchenschatze, wie die Monstranzen, Kelche und sonstige Goldsachen, suchte man in Sicherheit zu bringen und trug sie auf das Gündle, eine Alpe hoch oben seithalbs Gerstruben am Kegelberg, wohin durch das steile Berggehänge ein schmaler Pfad im Zickzack führt. Die Gerstrubener, zehn bis zwölf Mann, hielten hier Wache und den Ort besetzt, warfen Schanzwerke auf und hielten zahlreiche lose Steinblöcke bereit, um sie beim Anrücken des Feindes herablassen zu können. Wirklich versuchten es die Schweden, denen der Zufluchtsort von einem schlechten Weibsbild verraten worden war, das Gündle zu erstürmen; allein die herabrollenden Felsen taten ihre Wirkung und trieben sie wieder zurück. Nun plünderten und raubten sie in der Umgegend alle zugänglichen Orte und Häuser aus und trieben bis von der Lugenalpe eine große Viehherde mit sich fort und Sonthofen zu. Allein in der Rubener Oib, wo damals noch Holz stand, hatten sich viele Oberstdorfer Weiber mit Bienenkörben verborgen, und als nun die gestohlene Herde hier durchkam, warfen sie die Bienenkörbe unter das Vieh, wodurch die Bienen zornig über dasselbe herfielen und es durch ihre Stiche wild machten, so daß es nach allen Seiten auseinanderstob und sich im Walde und in den Feldern verlor. Die verlaufenen Stücke fing man nachher wieder ein, und so ward ein großer Teil der Herde gerettet. Seit dieser Zeit dürfen die Weiber in Oberstdorf beim Rosenkranz "voranbeten".

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 224, S. 234f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.