273. Der Pfeifer in Memmingen.

Es war ein großer Sterbent allhier (in Memmingen im Jahre 1503) und legte man viele Tote auf St. Martins Kirchhof in eine Grube. Einstmals trank ein Pfeifer beim roten Ochsen, und da er sehr trunken war, ging er fort und legte sich auf eine Bank vor dem Haus über und entschlief. Da nun die Totengräber nachts vorüber gingen, ersahen sie ihn und meinten, er wäre tot; man hätte ihn daher gelegt, ihn zu begraben; nahmen ihn derowegen und legten ihn in die Gruben zu den anderen. Als er nun morgens frühe erwachte und spürte, daß er bei den toten Leuten lag, erschrak er sehr, nahm seine Pfeife und pfeifet eins daher. Da man nun zur Frühmeß ging, erschraken die Leut und wollte niemand dorthin, vermeinten, es wäre ein Gespenst. Endlich wagten's ihrer drei und funden ihn, taten die Bretter, womit die Gruben zugedeckt war, hinweg und zogen ihn heraus, welcher nicht sagen konnte, wie er dahin gekommen, durch die Totengräber aber hernach dieses berichtet worden.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 273, S. 283.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.