84. Der Teufel als Maskenführer.
Es war Fasching,
und auch zu Reutte ging es hoch und zugleich toll her; alles war verkleidet
und halb von Sinnen vor Lust und Jubel. Am tollsten trieben es elf junge
Burschen; sie hatten die abenteuerlichsten Masken ausgesonnen und sich
in dieselben gesteckt, hielten zusammen und stürmten in Reutte herum
wie das wilde Heer. Man wußte, wer sie waren, wenn man auch nicht
den einzelnen erkannte, und wußte auch, daß ihrer nur elf
waren. Einer sprang und tollte voran, die andern folgten paarweise mit
Geschrei und lautem Halloh. So trieben sie es spät in die Nacht hinein,
und da waren just um Mitternacht auf einmal sechs Paar; denn zum Zugführer
hatte sich ein zweiter gesellt, der ohne Maske war, und über dessen
Anblick doch jeder, der ihn sah, sich entsetzte. Und das war kein anderer
als der leibhaftige Teufel in seiner ganzen abschreckenden Gestalt und
Erscheinung. Er hupfte und tollte und glühte über und über
und leuchtete demnach schauerlich durch die Nacht, und seinen Gefährten
grausete, als sie diesen Spielgesellen gewahrten; aber es half nun nichts;
sie mußten ihm folgen durch die ganze Nacht bis zum ersten Hahnschrei;
da griff der Teufel seinem Nebenmann in den Nacken, brach ihm das Genick
und fuhr mit seiner Seele samt Haut und Haar von dannen.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen,
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt
von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 84, S. 89 - 90.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.