155. Die Langjuppe.

Zwischen Zeil und Seibranz ging ehedem in der dortigen Waldung oftermalen ein riesig großes Weib um, das die Leute in Angst und Schrecken setzte, und das man wegen seiner Größe und seiner langen Röcke die "Langjuppe" nannte. Sie soll früher viel gesehen und auch gehört worden sein. Einmal ging ein Mann nachts von Dietmanns gegen Zeil zu. Da machte sich im Langholz auf einmal sein Hündchen, das er bei sich hatte, ganz auffallend an ihn heran, war ihm immer "in den Füßen" und zeigte sich überaus furchtsam, und nun gewahrte er erst, daß seitwärts neben ihm etwas herging. Soviel er wahrnehmen konnte, war es eine ungeheuer große geisterhafte Frauengestalt. Da fürchtete er sich freilich nicht wenig, machte das Kreuz und fing an zu beten, worauf die Gestalt verschwand. Es ist dies die Langjuppe gewesen, die sonst die Leute gern vom Wege ab und in die Irre führte, und die in der Gegend darum von vielen arg gefürchtet wurde.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 155, S. 161.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.