63. Der Kreckelmoosgeist bei Reutte.
Wenn man von Reutte die Straße nach dem Plansee geht, sieht man, vor man zum Roßrücken ansteigt, rechts von der Straße das Kreckelmoosbad liegen. In diesem geräumigen Gebäude spukte ehedem lange Zeit der "Kreckelmoosgeist". Wenn man sich nachts auf die Ofenbank setzen wollte, ward man vom Geiste herabgeworfen, und auch im Stalle, wo er sich gewöhnlich in einer Ochsenkrippe aufhielt, trieb er allerlei Unwesen, warf die Knechte hinaus, ließ nächtlich das Vieh los oder belästigte es unterschiedlich. Beim Heuen im Sommer war er zuweilen auf der Wiese zu sehen, und nicht selten hielt er beim Heuladen dem Aufbieter die Gabel plötzlich fest, ohne daß er dabei sichtbar gewesen wäre.
Über die Herkunft des Kreckelmoosgeistes erzählen einige folgendes:
Vor mehreren hundert Jahren war einmal zur Kriegszeit lange ein fremder
vornehmer Offizier im Kreckelmoosgebäude einquartiert. Bei seinem
Wegzuge ließ er drei Fässer zur vorläufigen Aufbewahrung
zurück und erklärte, wenn er binnen eines Jahres nicht wieder
komme, solle man die Fässer unter einer bestimmten Adresse, die er
dem Wirte aushändigte, fortschicken. Das Jahr verging, ohne daß
der Fremde zurückkehrte; aber auch die Fässer blieben vernachlässigt,
und so vergingen Jahre, bis zuletzt die Kreckelmooser dieselben öffneten.
Oben befanden sich nur Schuhnägel; aber weiter unten kamen lauter
blanke Goldmünzen, die sich nun die Kreckelmooser zueigneten. Dadurch
wurden sie außergewöhnlich reich, kauften sich viele Felder
und Grundstücke, errichteten in Trieft, Trient und Bozen Kaufhäuser
und hatten zuletzt sogar eigene Schiffe auf dem Meere schwimmen. Aber
das unrechtlich erworbene Gut tat kein gut und brachte kein Glück.
Sobald der erste Kreckelmooser starb, begann die Unruhe im Hause, denn
er mußte nun geisten und so alle Nachfolger, bis endlich der letzte
Sprößling des Geschlechts verarmt als Kind starb. Bei dessen
Tod soll schrecklicher Lärm entstanden sein, und eine "sechsspännige
Kutsche" sei die ganze Nacht um das Haus herumgefahren. Später
hat man dann den Kreckelmoosgeist unter Musik in die nahen Stuibenfälle
gebannt.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen,
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt
von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 63, S. 65 - 66.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.