286. Das Fürgeweible bei Immenhofen.
Zwischen Immenhofen und dem Elbsee bei Aitrang ist eine Strecke Land, wo Wald, Moos, Viehweiden und Äcker wechseln, und wo man es "im Fürgen" heißt. Da hauste bis noch vor wenigen Jahrzehnten das "Fürgeweible", das oft gesehen und allgemein gefürchtet wurde. Es war klein, kaum vier Fuß hoch, trug ein rotes Mieder, einen grünen Kittel mit weißen Ärmeln, ein ganz kurzes Röcklein und hatte eine weiße Spitzenkappe auf. Es führte gerne die des Weges Kommenden irre, stand ihnen in den Weg oder setzte sich den Fuhrwerken hinten auf die Lankweil. Die alte Kustermann sah es einmal, wie sie da durchging, in einem Bächlein herumwaten und plätschern und "herumgschaftle". Nachdem sie ihr eine Zeitlang zugeschaut hatte, wurde sie unversehens ganz verwirrt im Kopfe und kannte sich nicht mehr aus. Sie verlor Richtung und Weg, und nach stundenlangem Umherirren kam sie endlich zur Eschenauer Mühle bei Oberthingau, wo sie sich dann wieder zurechtfand.
Der alten Frislerin ist das Weible einmal lange nachgegangen, dann aber plötzlich verschwunden.
Lange später hat man die Kinder noch damit geschreckt und ihnen
gedroht, wenn sie abends nicht rechtzeitig heimgingen, komme das Fürgeweible
und nehme sie mit.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers
"Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus"
ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 286,
S. 296.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.