169. Venediger Männle holt Schlamm aus dem Christlessee.
Der Christlessee in der Spielmannsau bei Oberstdorf ist berühmt
wegen seines klaren Wassers und seiner herrlichen, hier grünen, dort
blauen Farbe. Dahin kam früher alle Jahre ein kleines, fremdes Männle
in sonderbarer Tracht, ließ sich beim nächsten Hause eine Schaufel
geben, und dann hob es von dem Seegrunde feinen Schlamm aus und barg diesen,
wenn er trocken war, in sein Sacktüchlein. Wenn es dann die Schaufel
wieder zurückgab, sagte es gewöhnlich: "So, jetzt hab'
ich wieder auf ein Jahr genug zum Leben." Was das Männlein mit
dem Schlamme anfing, weiß man nicht; aber man hielt dafür,
daß es ihn zu Goldsand verwandelte, oder daß er gar Goldstaub
enthalte.
Quelle: Allgäuer
Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München
1914, Nr. 169, S. 179 - 180.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.