159. Das "Spitzweible" bei Betzigau.
Bei der Steig zwischen Betzigau und Leiterberg, wo früher ein kleines Wäldchen gestanden hatte, ließ sich noch vor 30 - 40 Jahren öfters des Nachts ein kleines Weiblein mit weißem "Häß" und Schleier und einer "Spitzkappe" sehen, das man das "Spitzweible" oder kurzweg auch "'s Weible" nannte. Es begleitete zuweilen die nachts des Weges Kommenden eine Strecke weit, gewöhnlich von der Schädeleshueb an bis zum "zweren Zaun" und verschwand dann wieder. Manchmal sah man es ruhig neben der Straße stehen oder in dem kleinen Gehölz herumwandeln. "Zu heiligen Zeiten war es ärger wie sonst", und obwohl es niemand etwas zu leide tat, fürchtete man es allgemein, und viele scheuten sich nachts den Weg zu gehen.
Als einmal ein Bauer mit zwei Pferden und einem Leiterwagen die Steig
hinauffuhr, konnten es auf einmal die Rosse, obwohl der Wagen "leer"
war, fast gar nicht mehr verziehen, fingen an stark zu schwitzen und kamen
nicht mehr vom Fleck. Da sah der Bauer um und bemerkte nun mit Schrecken
das Weible mit einem Handkorb hinten auf dem Wagen sitzen. Sobald es hernach
absprang und verschwand, ging das Fuhrwerk wieder so leicht wie vorher.
Quelle: Allgäuer
Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München
1914, Nr. 159, S. 166.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.