132. Basilisk in Memmingen.

An der Vorderseite eines Hauses in der Nähe der Frauenmühle in Memmingen erblickte man in einer Nische ein uraltes Bild, das in wunderlicher Gestalt, "halb Vogel, halb Drache", einen Basilisk darstellt. Das ist das alte Wahrzeichen von der Sage, welche erzählt, daß in diesem Hause einst in alten Tagen ein Basilisk gehaust habe. Dieser habe sich in den Kellerräumen aufgehalten und sei so giftig gewesen, daß schon dessen Blick genügte, jedes lebende Wesen zu töten. Wer daher von den Inwohnern des Hauses oder wer immer sonst sich vermaß in den Keller zu gehen, der fand seinen Tod und kam nicht mehr herauf. So hatten schon viele, die gegen das Ungetüm kämpfen wollten, ihr Leben verloren. Da begab es sich einmal, daß ein Sträfling zum Tode verurteilt worden war. Dieser erklärte, wenn man ihm das Leben schenke und ihn hernach frei lasse, so wolle er das Haus von dem Basilisk befreien. Man ging gerne auf die Bedingung ein, und nun umgab sich der Verurteilte mit lauter Spiegeln, die er an sein Gewand hängte, und vor sich trug er gleich einem Schilde einen großen Spiegel, hinter dem er sich verbarg, und so stieg er hinab in den Keller. Als nun das Ungetüm auf ihn losfuhr, erblickte es da in dem Spiegel sich selbst und ward von seinem eigenen giftigen Blicke getötet, während dem schlauen und kühnen Manne kein Haar gekrümmt wurde.

Zum Andenken daran ließ man hernach den Basilisk im Bildnisse darstellen und dieses am Hause anbringen.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 132, S. 134 - 135.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.