Verhexter Mund.
Vor etwa zwanzig Jahren lebte in Schmieheim eine alte Frau, die allgemein
im Rufe der Hexerei stand. Derselben schickten eines Tags ihre Nachbarsleute,
die sie fürchteten, durch ihr achtjähriges Kind einen Teller
voll Aernteküchlein. Zum Danke schenkte sie dem Kinde etwas Salbe
und sprach: "Bestreiche damit heute Abend vor Schlafengehen deinen
Mund, so wirst du recht hübsch werden; sage aber ja niemand etwas
davon!" Das Kind machte es so, und sieh! am nächsten Morgen
stand der Mund ihm senkrecht, statt quer, im Gesichte. Nachdem der Arzt
vergebens gebraucht worden, wandten sich des Kindes Eltern an den Scharfrichter.
Dieser rieth ihnen, von der Hexe Salz zu leihen, es auf dem Herde über
das Feuer zu stellen und tüchtig durchzupeitschen, vorher aber Thüren,
Fenster und alle andere Oeffnungen der Küche sorgfältig zu schließen.
Sie thaten dies alles, da kam das Weib an die verschlossene Küchenthüre
und rief: "Hört doch auf zu peitschen; ich will gerne euer Kind
wieder schön machen!" Alsbald war auch dessen Mund wieder wagrecht.
Wegen der Schwielen auf dem Rücken, welche die Hexe durch das Peitschen
bekommen, mußte sie einige Tage das Bett hüten.
Quelle: Bernhard Baader,
Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe
1851, Nr. 104.