Der Uebelmann.
Die Leute auf dem Lehenhof zu Buchholz, die elf Kinder hatten, waren,
trotz ihres Fleißes und ihrer Rechtschaffenheit, so heruntergekommen,
daß ihnen Haus und Feld verkauft werden sollte. Am Abend zuvor sah
der Bauer, gegen neun Uhr, noch zum Fenster hinaus und bemerkte einen
alten Mann, der auf der Treppe vor der Hausthüre saß. Auf die
Frage, was er begehre, antwortete derselbe, daß er um ein Nachtlager
habe bitten wollen; weil aber die Hausthüre schon verschlossen gewesen,
er auf die Staffeln niedergesessen sei. Der Bauer ließ ihn hineinkommen,
ihm Nachtessen und ein Bett bereiten und erzählte ihm, daß
er morgen seinen Hof verliere. "Das soll nicht geschehen," erwiederte
der Mann, "und wenn du heute Nacht um elf mit mir auf dem Schwarzenberger
Schlosse sein willst, wirst du Geld genug erhalten." Auf den Zweifel,
welchen der Bauer äußerte, zog der Alte drei Ruthen hervor
und sprach Folgendes. "Hiermit schlage ich den Deckel der Geldkiste
in der Burg auf; denn ich bin ein Nebelmann. Im Waldkircher Bann sind
so viel Schätze vergraben, daß alle dessen Arme dadurch reich
werden könnten. Du mußt in dem Schlosse hinter sich zur Kiste
gehen, daraus nur so viel Geld nehmen, als du in deine Taschen bringst
und in sieben Minuten fertig sein." Zur bestimmten Zeit waren sie
an der Burg, worein der Alte sich allein begab, dann zurückkam und
den Bauer hineinschickte. Derselbe ging rückwärts zur geöffneten
Eisenkiste, nahm daraus, ohne sich umzuwenden, so viel Geld, als seine
Taschen faßten, und war zur rechten Zeit wieder außen. Da
sagte der Nebelmann zu ihm: "Nun hast du Geld genug, um deine Schulden
zu bezahlen!" und verschwand mit diesen Worten. Der Bauer brachte
das Geld glücklich nach Haus und machte damit sein Gut schuldenfrei,
das seitdem der Hof des reichen Bauern genannt wird.
Quelle: Bernhard Baader,
Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe
1851, Nr. 71.