Das Mädchenkreuz.
Am Tage vor Fronleichnam hütete einst, auf dem Freiburger Schloßberge
ein dreizehnjähriges Mädchen weidende Rinder. Plötzlich
fing eines derselben an, mit seinem Horn den Boden aufzureißen und
grub endlich eine silberne Scheibe heraus. Auf ihr befand sich, in erhabener
Arbeit, ein Kruzifix zwischen Maria und Johannes. Das Mädchen rief
gleich Leute herbei und ließ durch sie das Geschehene in der Stadt
anzeigen, worauf die Scheibe mit Kreuz und Fahne in's Münster abgeholt
ward. An dem Orte, wo sie gefunden worden, errichtete man ein hölzernes
Kreuz und sorgte zugleich für die lebenslängliche Pflege des
Rindes, das nicht geschlachtet werden durfte. Sobald das Mädchen
erwachsen war, ging sie ins Kloster. Weil man ihr die Scheibe verdankt,
wird dieselbe bei Bittgängen stets den Mädchen vorgetragen,
und deßhalb das Mädchenkreuz genannt. Statt des hölzernen
Kreuzes, welches dreimal vom Blitz zerstört ward, steht jetzt weiter
unten ein steinernes Kruzifix.
Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande Baden
und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 61.