Spuk und Schatz beim Bankenbrunnen.
Ein armes Mädchen aus Wittenthal, welches in der Umgegend Brod zusammengebettelt hatte, ging damit nachts seiner Heimath zu. Bei dem Bankenbrunnen, der unweit des Dorfes auf dem Felde hervorquillt, sah es ein Männlein mit einem Halbmaltersack zwischen den beiden Stämmen eines Zwieselbaums stehen. Dasselbe winkte ihr mehrmals, hinzukommen, indem es den Sack aufhob; allein sie hatte dazu nicht den Muth und lief zuletzt vor Angst davon. Da fuhr das Männlein, ganz feurig, am Baum hinauf, und der Sack, der voll Geld war, versank klingend in den Boden.
Mehrere Leute aus Steurenthal sahen, spät in der Nacht, bei dem Brunnen eine unzählbare Menge Lichter. "Was ist denn das?" rief einer der Männer, der betrunken war, und im Augenblick fuhren die Lichter alle zusammen und bildeten eine riesenhafte Flamme. Zugleich entstand ein Gebrause, und es klang wie versinkendes Geld, worüber die Leute erschrocken davoneilten.
In der Nähe des Brunnens ist ein Grasplatz, um den vier uralte Eichen
stehen. Daselbst scharrte eines Tags ein Schaf von der Heerde des Bankenhofs
etwas Blinkendes aus der Erde. Einer der Hirtenbuben ging hin und sah,
daß es mehrere alte Silbermünzen, so groß wie Kronenthaler,
waren. Sogleich rief er seinem Genossen, welcher eben die Heerde zusammentrieb,
zu dem Funde herzukommen; aber derselbe hielt es für Scherz und kam
nicht, worauf der Bube allein im Boden suchte und so viel solche Münzen
fand, daß er seinen ganzen Hut damit füllte. Voll Freude lief
er zu den Leuten, die auf dem Felde des Bankenhofs arbeiteten, und zeigte
ihnen das Geld, wovon jedes sich etwas zueignete. Als er dann wieder auf
den Grasplatz eilte und weiter suchte, fand er nur noch einige kleine
Münzen, welche voll Grünspan waren. Um denselben wegzuschaffen,
ging er zum Brunnen und fing an, die Münzen zu waschen; da sah er
auf einmal einen langen Mann neben sich stehen, der wie ein Jäger
gekleidet war, Schuhe mit Schnallen und, auf der Brust, ein glänzendes
Schild von Kupfer trug. Derselbe sagte zu ihm mit drohender Geberde: "Hättest
du dich heute Morgen nicht gesegnet, so solltest du jetzt sehen, was ich
mit dir anfinge!" Hierdurch heftig erschreckt, rannte der Junge davon,
und als er wieder zu den Arbeitern kam, erzählte er ihnen das Geschehene.
Seine Schwester ging nun so weit mit ihm zurück, daß sie den
Brunnen sehen konnten; allein sie gewahrte den Jäger nicht, welchen
ihr Bruder noch dort stehen sah. Kurz darauf fiel dieser in eine mehrwochige
Krankheit, worin er häufig jammerte, daß der Jäger bei
ihm stehe. Nachdem er wieder genesen, mußten die Leute, auf Befehl
des Pfarrers, ihm alles zurückgeben, was sie ihm von seinem Fund
genommen hatten. Hierdurch erhielt er so viel Vermögen, daß
er seinen Dienst aufgeben konnte. Auf dem Grasplatz ist seitdem öfters
nach Geld gegraben, aber stets nur werthloser Erzstaub gefunden worden.
Quelle: Bernhard Baader, Volkssagen aus dem Lande
Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe 1851, Nr. 50.