DER GETÖTETE POPE

Ein Pope hatte einen Knecht namens Petru, der wollte ihm nicht gehorchen, sondern widersprach ihm wo und wann er nur konnte. Einst gerieten die beiden aneinander und der Knecht erschlug den Popen, nahm ihn auf den Rücken und trug ihn in des Nachbars Garten, allda er ihn auf einen Apfelbaum stellte. Über eine Weile kam der Nachbar in den Garten, um sich an den Früchten des Apfelbaums gütlich zu tun, sah den Popen und rief ihm zu: "Steige herab! die Popen stehlen ja nicht; warum stiehlst du?" Da der Pope auf wiederholtes Anrufen keine Antwort gab, nahm der Mann einen Stecken und schlug nach ihm, also dass er herabfiel. Da wähnte der Mann den Popen selbst getötet zu haben, und weil ihm Angst war, versteckte er die Leiche im Stroh bis an den Abend. Dann trug er sie zum Nachbar, der eben im Begriff stand, mit einem Fass Honig in die Stadt zu fahren. Auf dieses legte er den Popen, damit der Nachbar meine, er ässe von dem Honig. Der Nachbar nahm ihn nicht wahr und fuhr von dannen. Zufällig kehrte er sich unterwegs einmal um, bemerkte den Popen auf dem Honigfass und rief ihm zu: "Schämst du dich denn nicht, wie ein Schwein von dem Honig zu fressen?" Da aber der Pope nichts erwiderte, schlug er mit einem Knüttel auf ihn los, bis er vom Wagen fiel. Weil sich aber der Pope am Boden gar nicht rührte, meinte der Mann, ihn tödlich getroffen zu haben, hob ihn wieder auf den Wagen und deckte ihn mit Kleidungsstücken zu, damit ihn niemand sehe. Als er bald darauf an einen Fluss kam, nahm er ein Brett vom Wagen, legte den Popen darauf, indem er ihm eine lange Stange in die Hand gab und liess ihn flussabwärts treiben. In der Nähe aber waren Jäger auf der Entenjagd. Die sahen den Popen auf dem Brett herbeischwimmen und winkten ihm, nicht zu kommen, damit er ihnen die Jagd nicht verderbe. Aber der Pope kam immer näher, und endlich flogen die Enten auf und davon. Darob ergrimmten die Jäger, schossen nach ihm, und er fiel ins Wasser.


Quelle: Rumänische Märchen und Sagen aus Siebenbürgen, gesammelt und ins Deutsche übertragen von Franz Obert, Hermannstadt 1925, Nr. 7, Seite 14