Sammelleidenschaft
Seit 1982 haben in Frankreich viele Leute damit begonnen, fieberhaft
die Strichcodes auszuschneiden, die nunmehr auf allen Lebensmittelpackungen
abgedruckt sind. Die Sage behauptete, es genüge, 5000 Strichcodes
mit der Anfangszahl 3 zu sammeln, um einen Rollstuhl für einen Körperbehinderten
zu erhalten.
Den jeweiligen Versionen zufolge variiert die Gesamtzahl der Kontrollabschnitte,
die zu sammeln sind, und auch die Zahl, die den Code einleiten muß.
Der wirkliche Ursprung dieses Gerüchts liegt darin, daß man
von der unrichtigen Annahme ausging, eine Lotterie, die lediglich eine
einzelne Gemeinde auf Korsika betraf, gelte für ganz Frankreich.
Daher bemühen sich die Sammler auf dem französischen Festland
vergebens, herauszufinden, wem sie ihre gestapelten Strichcodes zuschicken
sollen.
Der Erfolg dieses Gerüchts kann nicht überraschen. Bereits 1963
kursierte eine gleichartige Sage:
Damals sollte man leere Zigarettenpackungen der Marke Gitanes sammeln,
um ebenfalls einen Rollstuhl für einen Körperbehinderten zu
erhalten.
Die Strichcodes haben tatsächlich nur die paradigmatische Kategorie
der Tauschobjekte erweitert: Kronenverschlüsse, Zigarrenbauchbinden,
Gitanes-Packungen. Der gemeinsame Nenner scheint hierbei die Vorstellung
zu sein, daß ein kleiner Teil der indirekten Steuern für einen
wohltätigen Zweck zurückgezahlt werden könne.'
Anmerkung: vergleiche die in Österreich verbreitete Sage 'Die Rollstuhlspende'
Quelle: Jean-Noël Kapferer, Gerüchte - Das älteste Massenmedium der Welt, Paris 1987/95, Leipzig 1996, S. 147
Variante:
Man behauptet, in Frankreich sei das Sammeln der Silberverpackungen von Zigaretten tatsächlich lukrativ, denn da bekommt man angeblich für 30 Stück Geld wenn man sie in Apotheken abgibt, denn die machen da angeblich die Folie für Tablettentabloids draus.
Quelle: E-Mail-Zusendung von Christian Hillmann, 12. Oktober 2003.