MUNDART DER ÖSTERREICHER
oder Kern ächt österreichischer
Phrasen und Redensarten
Von A bis Z.
Joseph Sonnleitner, Wien
1811
Texterfassung: © Wolfgang Morscher
| Gamatzen | gähmen. | |
| Granti | mürrisch. Der Alte is heunt granti, ist bei übler Laune. Das Kind is granti. | |
| Guschen | schweigen müssen. Er muaß guschen, schweigen, und sich Alles gefallen lassen. | |
| Grübeln | aus Mißtrauen in das Feinste einer Sache dringen. Er is a purer Grübler. | |
| Gmahdi-Wiesen | eine gemähte Wiese, eine leichte und gar keine Mühe kostende Sache. Das is mar a gmahdi Wiesen. | |
| Gagatzen | stottern, mit der Zunge anstossen. | |
| Gugaschecken | Sommerflecken, Sommerpressen. | |
| Gremassi | kränklich. Meine Frau is aller gremassi, ist ganz kränklicht. | |
| Gritsch | ein sehr kleiner Mensch. Auch von einem Kinde sagt man: das is a lieber Gritsch. | |
| Graxen | das Behältnis zur Verwahrung des Geflügels. Die Hühngraxen. | |
| Gfriß | Gesicht. | |
| Gas | die Gaise. Das Weibchen des Bockes. | |
| Graxeln | klettern, gefährlich hinaufsteigen. Das Kind thut nichts als graxeln. | |
| Gasbock | Gaisbock. Der Pöbel pflegt oft einen Schneider Gasbock zu nennen. | |
| Grabeln | nach Schimmel riechen, Der Wein grabelt; das Zimmer grabelt. | |
| Gschwuf | ein Mensch, der sich immer nach neuester Mode kleidet, oder Modebursch. | |
| Galgenstrick | ein schlauer, listiger Mensch, Du bist mar a feiner Galgenstrick. | |
| Gatter | das Gitter. | |
| Grillen | unbegründete Ängsten, Besorgnisse. Daher Grillen fangen. | |
| Grümen | grämen, hinabgrämen. | |
| Göth | Pathe. Taufgöth, Firmgöth. | |
| Goderl | das Kinn. Geh kratz mars Goderl, thue mir schön, schmeichle mir. Von einem Freunde der Schmeicheleien sagt man: dem Menschen muß man das Goderl kratzen. | |
| Gstötten | die Gestätte. Die Holzgstötten, die Mistgstätten. | |
| Grif | Ich habe diese Arbeit schon im Grif, habe sie schon in der Übung, sie ist mir sehr geläufig. | |
| Glückshaven | Glückstopf. Da im Glückstopfe auf 1000 Fehler ein Treffer kommt, so sagt man von einem mit wenigem Verstand begabten Menschen, sein Kopf sei wie ein Glückshaven. | |
| Gschworner | ein beeidigter Träger auf der Hauptmauth. Ein Beisitzer eines Dorfgerichts. Da sitzt der Richter und die Gschwornen. | |
| Gstatzt | steif, affektiert. Er geht gstatzt daher. | |
| Gucken | vorwitzig schauen. | |
| Gfangenwarter | Gefangenenwärter. Jener, der sich meistens zu Wien im Amthause befand, wo die größten Missethäter verkerkert waren, wurde Hutstock genannt. | |
| Ghamnuß | Geheimnis. | |
| Glöckelpolster | der Polster, worauf man die Spitzen verfertiget. Ein Mensch von gezwungenen Gebärden wird ein affektirter Glöckelpolster genannt. | |
| Grathen | gelingen. Mir hats an Grather than, mir hat es gelungen. | |
| Gattihosen | das Unterbeinkleid. | |
| Gnaschi | genäschig, Freund vom Naschen. Sei nur nöt gar so gnaschi. | |
| Gaudee | eine Unterhaltung, eine Tanzmusik. Sie is heunt auf der Gaudee. Dieses Wort ist von Gaudium F r e u d e abgeleitet. | |
| Gehkorb | ein Korb, worein man Kinder zu stellen, und ihnen gehen zu lernen pflegt. | |
| Graw | grau. Der Esel is graw im Mutterleib. | |
| Gsaß | der Hinterleib, die Backen des Hintern. | |
| Gai-Jude | ein im Handel und Wandel herumirrender Jude. | |
| Gstöppt | ein gstöppt's Gsicht, ein pockennarbigtes Angesicht. In dem Gsicht steckt an Arbeit, dieses Gesicht haben die Pocken sehr verunstaltet. | |
| Gsicht | Gesicht. Gsichter schneidn, mit dem Gesichte allerlei häßliche Verziehungen machen. Ein schlechts Gsicht, eine unredliche Phisiognomie. Auf sein Gsicht geb i kan Pfenning, er hat nicht um einen Pfennig Credit bei mir. | |
| Glengen | reichen. I kan nöt so hoch glengen, mein Arm reicht nicht so hoch. | |
| Griglat | heisch, heiferig. I bin heunt griglat, meine Stimme ist heute sehr heisch. | |
| Gspend | Wenn in einem geistlichen Stifte jährlich der Jahrestag des Stifters gefeiert und dabei an die Armen Wein, Brod und Geld ausgespendet wird, so wird dieses Fest das Gspend genannt. | |
| Guat | gut. Er thuat kan Guat, er ist von sehr schlechter Aufführung, schlechtem Lebenswandel. | |
| Gschami | schamhaft. Meine Tochter is gar gschami. | |
| Gman | gemein. Die gman Leut, die gemeinen Menschen. Sich gman machn, den gemeinen Menschen leutselig begegnen. | |
| Gal | geil, zur Begattung sehr geneigt: Alte Böcke sind die galsten. |