AHORN
(Acer-Arten, Acer pseudoplatanus, A. platanoides, A. campestre)
aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli,
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932
1. Botanisches. Die drei häufigsten in Mitteleuropa vorkommenden
Ahorn-Arten sind der Berg-Ahorn (A. pseudoplatanus), der Spitz-Ahorn
(A. platanoides) und der Feld-Ahorn (Maßholder; A. campestre)
1). Im Volksglauben werden diese Arten meist nicht näher
unterschieden.
1) Marzell Kräuterbuch 99 f.
2. Auf alten Kult weist der Bericht von einem großen
Berg-Ahorn beim Hofe Moseid (Vennersland) hin, neben dem die Bewohner
alle Jahre Bier ausgießen 2). Personifiziert erscheint
der Baum, wenn aus seinem Holz Blut fließt, z. B. bei einem Ahorn
am Millstätter See in Kärnten 3) und bei einem Ahorn
bei der St. Annaquelle in Disentis (Schweiz) 4).
2) ZfVk. 8, 142.
3) Mannhardt 1, 38; Graber Kärnten (1914), 16.
4) Wettstein Disentis 157.
3. Der Ahorn gilt als antidämonisch. Zapfen von Ahornholz
in die Türen und Schwellen geschlagen, verhindern, daß die
Hexe in den Stall kommt 5); das gleiche glaubt man in Westpreußen
von den an Johanni (24. Juni) gepflückten Ahornzweigen 6).
In der, westpreußischen Kaschubei werden an Johanni Zweige an die
Türen und Fenster gesteckt gegen Hexen und Zigeuner. Auch das Einschlagen
des Blitzes sollen diese Zweige verhindern. Die Kartoffeläcker werden
ebenfalls mit Ahornzweigen umsteckt 7). Ahornsträußchen
steckte man im Ravensbergischen in die Flachsfelder, angeblich um die
Maulwürfe (siehe dort) zu vertreiben 8). Im Elsaß
verhindern Ahornzweige, daß Fledermäuse in die Häuser
kommen 9). Wer nachts ausgeht, soll geweihte Ahornzweige zu
sich stecken (Dalmatien) 10).
5) Bartsch Mecklenburg 2, 38.
6) Treichel Volkstümliches IV, 2.
7) Das Land 18, 519.
8) 25. Bericht historische Vereinigung Ravensberg 1911, 18; vgl. auch
E. H. Meyer Deutsche Volkskunde 1898, 228.
9) Gubernatis Myth. des plantes 2, 129 (nach Rolland Faune pop.).
10) Wissenschaftliche Mitteilungen Bosnien Herzegowina 4, 594.
4. Kühe, die mit Maßholderzweigen geschlagen
werden, geben blutige Milch (Westfalen) 11). Im Dep.
Finistère glaubt man, daß Tiere, die man nur leicht mit einer
Maßholderrute berührt, zugrunde gehen 12) (siehe
Hasel). In der Antike galt der Ahorn als ein "unglücklicher" Baum
13).
11) Wagenfeld Pflanzen 229.
12) Sébillot Folk-Lore 3, 387.
13) Murr Pflanzenwelt 25.
5. In der Volksmedizin werden die an Johannis gepflückten
Ahornblätter getrocknet und später in kochendem Wasser erweicht;
sie gelten als heilkräftig bei allen Wunden 14). Im Gouv.
Smolensk bestreicht man gegen Kopfweh das Haupt mit den an Johannis gebrochenen
Maßholderzweigen 15). Ahornwurzel dient zur Beförderung
der Menstruation 16).
14) Frischbier Naturkunde 320.
15) Yermoloff Volkskalender 295.
16) Stoll Zauberglaube 107.
6. Wenn die Ahornblätter recht fett sind, so gibt es eine
gute Ernte (Oberbayern) 17).
17) Marzell Bayrischer Volksbote 126.
Marzell.