Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol

11. Die letzten Untersuchungsarbeiten 1908 - 1917.

Hier bringe ich zwei Berichte des Leiters dieser Arbeiten, Ing. Albert Häusing, die wohl den besten Einblick in diese Verhältnisse bieten.

Der Erzrreichtum des "Alten Mannes" am Röhrerbühel.

Die im Jahre 1908 begonnenen Schürfarbeiten am Röhrerbühel hatten den Zweck, den Erzgehalt in den alten Bauen nachzuweisen und darzutun, ob eine gewinnbringende Erzeugung aus denselben möglich sei. So wurde ein Schurfschacht in der Nähe des alten Geisterschachtes begonnen, bis Ende 1913 eine Teufe von rund 170m erreicht und 3 Sohlen in 62, 112 und 166 m angesetzt und aufgefahren. Auf allen 3 Sohlen wurden die von den Alten bebauten Gänge, 3 an der Zahl, festgestellt und teilweise streichend verfolgt, in welchen, überall Erzführung nachgewiesen wurde.

Hiebei zeigte sich nun dass, abgesehen von den Erzen im "Alten Mann" auch unverritzte Trümmer anstehen, welche auf der dritten Sohle fast eine Länge von 60 m, auf der 2. Sohle 14 m erreichten und teilweise Fahlerze bis 30 - 40 cm um reinen, Kupferkies von 5 - 15 cm mächtig, führten. Ebenso traten kleinere Linnen von Fahlerzen, so z.B. diejenigen, auf welcher die Verleihung des Grubenfeldes erfolgte, mit 40 - 50 cm Mächtigkeit und mehrere kleinen, bis 10 cm mächtige Gangstrümmer auf allen Sohlen auf. Die bisherige Auffahrung ergibt bereits einen durchschnittlichen hohen Erzgehalt.

Aber nicht nur in unserem Schurfbau zeigten sich die unverritzten Gangtrümmer, welche bewiesen, dass die Alten, die vielfach auftretenden Verwerfungen nicht richtig ausrichteten, sondern auch im westlichen Teil des Gangzuges, zwischen Reinanken-und Ruedlwaldschacht hat das k.k. Montanärar in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einem Stollen ein Gangtrumm von ca. 100 m Länge und einer Mächtigkeit von 40 - 50 cm derber Fahlerze mit hohem Cu und Ag Gehalt (27% Cu, 0,25% Ag) aufgeschlossen und abgebaut wegen des Krieges 1866 aufgelassen und später nicht mehr aufgenommen (aus kleinlichen Ersparnisgründen sagte A.R. Schmidt, der Anreger dieser Arbeiten).

Der „Alte Mann“ Ausfüllung der alten Baue, hatte nach genauer Entfernung größerer Erzstücke und bei einer großen Probenahme ohne die im Hangenden und Liegenden der Gänge häufig noch anstehenden Schalen von meistens sehr guten Fahlerzen einen Kupfergehalt von 0,7% und Spuren von Silber. Mit den überall in Versatz vorkommenden Erzstücke  und teilweise großen Erzbrocken sowie anstehenden Schalen darf man mit vollständiger Sicherheit und Vorsicht nach den bisherigen Ergebnissen, für die gesamten Baue zwischen Kitzbüheler- und Reitherache auf einen Kupfergehalt von 1,5% rechnen. Herr Ing. Eisentraut nimmt 2% Kupfer und darüber an, ungerechnet der noch unverritzt anstehenden Gangtrümmer auf dem ganzen Vorkommen, die sich schon in der Nähe des Geisterschachtes zeigten. Das ist der Schacht, der am längsten im Betriebe und am sorgfältigsten bebaut wurde, während die übrigen Hauptschächte nach Westen, Gsöllenbau, Ruedlwald und Reinanken, nach Osten Daniel- und Rosenbergschacht längst zum Erliegen gekommen waren.

Für den als sicher anzunehmenden Durchschnittsgehalt von 1,5% Kupfer im „Alten Mann“ am Röhrerbühel zeigt sich nach vorstehendem, dass derselbe sehr vorsichtig gehalten ist und soll bei der Berechnung nur dieser in Betracht gezogen werden.

Nach den alten Karten und meiner im Jahre 1892 durchgeführten Vermessung des Röhrerbühels über Tage, haben wir eine Länge von 2 km, in welcher die vorher erwähnten Schächte, abgesehen von einer ganzen Anzahl kleinerer, abgeteuft sind, und große Erzmengen förderten. In unseren Schurfarbeiten stellten wir das Einfallen der Gänge mit 45° nach Süden fest, nicht mit 80 – 85° nach Querprofilen aus den alten Karten und lege ich meiner Berechnung dies Einfallen und nur die Abbauhöhe zwischen der 3. und 1. Sohle zu Grunde mit 150 m, alles über Sohle 1 ganz außer Acht lassend, wegen des nach Osten und Westen abfallenden Gebirges, obwohl auch hier schöne Erzführungen im „Alten Mann“ festgestellt wurden.

Die Mächtigkeit des „Alten Mannes“ schwankt von 80cm – 1,50m und darüber, sodass man im Durchschnitt mit Sicherheit 1m annehmen kann. Ich berechne nur 2 Gänge auf die ganze Länge, den 3. nur auf die Hälfte, 1 km zur Sicherheit wegen eventueller tauber Zonen, die bei Gängen öfter auftreten.

Bei einer Länge von 2 km, flacher Höhe von 150 m, 3 - 1 Sohle und einer Mächtigkeit von 1 m ergibt 1 Gang 300.000 cbm, sonach die Gänge 300.000 x 2,5 = 750.000 cbm.

Das Gewicht des cbm Versatz kann mit 1000 - 1200 kg angenommen werden, sodass obige cbm 750.000 – 900.000 t Hauwerk ergeben. Berechnet wird nur die erste niedrige Summe.

Der als bestimmt anzunehmende Kupfergehalt von 1,5% vermindert sich durch die Aufbereitungsverluste um 10 – 12% sodass noch sicher 1,3% Erz verbleiben.

Bei diesem Gehalt gibt eine Tonne Hauwerk 13 kg Kupfer und bei einem 2o% Kupfer haltendem Erzkonzentrat, wie es in der Aufbereitung leicht erzeugt werden kann 65 kg verkaufsfähige Erze. Die 750.000 t Hauwerk haben sonach einen Kupfergehalt von 9.750 t und ergeben 48.750 t verkaufsfähiges Erz.

Zur Erzeugung von 1 Tonne 2o%iges Erz sind rund 16 Tonnen Hauwerk nötig. Außer dem Gehalt an Cu enthalten die oben angeführten Erzmengen auch Ag, das man mit 1 kg in der Tonne Erzkonzentrat annehmen kann, sonach 48.750 t = 48.700 kg Ag, obwohl die Proben bis 2,80 kg ergeben haben. Bei einem Kupferpreis von £ 60 per t und einem Silberpreis von 80 Mark für 1 kg repräsentieren die sicher zu gewinnenden berechneten Erzmengen einen Wert von
4.750 t Kupfer zu K 1.400 =  Kl.365.000,-
48.700 kg Silber zu Mark 80 =  
  K 90,- =    K 4.383.000,- zus. K 5.748.000'-

Würde man mit einem Schachte noch unter unsere tiefste 166 m Sohle gehen, z.B. bis auf 400 - 500 m Teufe, so würden sich die Resultate noch viel günstiger stellen, denn unsere Arbeiten haben gezeugt, dass mit größerer Tiefe der Erzgehalt und die edlen Gangtrümmer zunehmen, verursacht durch den seinerzeit ohne Hilfsmittel immer schwieriger werdenden Abbau, sodass die Alten nur die allerbesten Erzpartien gewinnen konnten und das übrige stehen ließen oder nicht genügend untersuchten und aufschlossen.

Mit unserem jetzigen Schachte können wir in 24 Stunden ca. 60 - 70 t Hauwerk fördern und zwar von beiden Seiten, Osten und Westen je 400 - 500 m, weiter nicht wegen der langen Zuführung und der teuren Streckenerhaltung und würden diese 60 - 70 t Hauwerk rund 4 t aufbereitetes Erz mit 20% Cu ergeben. Dies würde bei den oben angeführten Metallpreisen ca. 290 – 300 Kronen Freiberger Einlösung, nach Mitterberger K 305 - 310, je nach dem Silbergehalt ergeben.

Die Gestehungskosten für die Tonne aufbereitetes Erz mit 20% Cu betragen an: (Anfangs 1914)

Regie samt Steuern und Abgaben

K

12,-

Erzgewinnung einschl. Förderung

K

33,-

Erhaltung der Baue

K

10,-

Vorrichtung

K

20,-

Aufbereitung

K

25,-

Verfrachtung

K

15,-

Elektrische Kraft

K

10,-

Aufschlussarbeiten

K

15,-

Wasserhaltung

K

 5,-

Unvorhergesehenes

K

 5,-

                                 Kronen

 

150,-

gegen 290 – 310 K Einnahmen, sonach Gewinn pro t Erz ca. 150 K.

Von diesem Bruttogewinn eine 10%ige Amortisationsquote von 95 K per t in Abzug gebracht, bleibt ein Reingewinn von ca. 100K pro t Erz, was einer 20%igen Verzinsung des Kapitals von 500.000 K. entspricht.

Ich habe die Gestehungskosten gerechnet, um sicher zu gehen, glaube aber bestimmt annehmen zu können, dass man bei richtigem Betrieb billiger arbeitet und bei den voraussichtlich häufig aufzuschließenden unverritzten Gangtrümmern auch ein besseres Ausbringen erzielt, wodurch die Gestehungskosten wesentlich herunter gedrückt werden.

Ich würde deshalb dringend empfehlen, schnellstens an die Erbauung einer modernen Aufbereitung zu schreiten und mit dem Abbau der aufgeschlossenen Erze zu beginnen.

Einen Abbau der auf den verschiedenen Sohlen angefahrenen Erze ohne Aufbereitung halte ich für unrationell und gibt zu viel Verluste, da nur das durch die Klaubarbeit zu gewinnende Erz verwertbar ist und der Abbau mit nur zu gewinnenden Derberzen, die allein ohne Aufbereitung in Frage kommen, teuer und schwierig ist.
Innsbruck, im Feber 1914    gez. : Albert Häusing

Bericht an das Revierbergamt in Hall vom 23.4.1919.

Der Bergbau Röhrerbühel bei Oberndorf, Gemeinde St. Johann in Tirol, war ein Untersuchungsbau der alten berühmten Kupferkies- und Fahlerzvorkommen und sollte vorerst die Verwertungsmöglichkeiten des Versatzes in den alten Bauen und Aufschließung zurückgebliebener unverritzter Lagerstättenteile feststellen. Es wurden deshalb auch nur Aufschlussarbeiten durchgeführt, kein Abbau und ein Versuchsschacht auf 170 m abgesenkt. Von diesem zweigten 3 Sohlen in 62, 122 und 166 m Tiefe ab. Diese 3 Sohlen verquerten die alten Baue und wurden auf allen Sohlen die 3 Gänge in geringen Abständen voneinander festgestellt. Diese Gänge wurden teilweise auf kurzer Länge streichend aufgefahren, wobei unverritzte Erzvorkommen, teils Kupferkies, teils Fahlerze aufgeschlossen wurden und Versatz erzhaltig erwies.

Die Erzgewinnung beschränkte sich auf durch Auffahren in den Gängen gewonnene Erze und ergab in den letzten Jahren des Betriebes 18,7t Scheiderze mit einem Gehalt von  7,53% Cu und einen Gesamterlös von 3.768,- K.

Ein mit größeren Mengen armer Versatzberge bei der Fa. Homboldt in Köln-Kalk am Rhein durchgeführter Waschversuch ergab bei einem Kupfergehalt von 0,23% Cu sehr günstige Anreicherungserfolge, 22% Cu der gewonnenen Erzkonzentrate und ein Ausbringen von 87%.

Mit Kriegsausbruch 1914 wurde der Betrieb infolge Einrückens einer Anzahl Arbeiter eingeschränkt, sodass Ende 1914 nur noch 6 Arbeiter vorhanden waren gegen 28 am Jahresbeginn. In den Jahre 1915 wurde der Betrieb wieder in etwas größerem Umfang betrieben und erreichte die Zahl der Arbeiter 22, welche bei Stilllegung des Betriebes Ende 1916 auf 17 stand.

Der Bergbau war mit den neuesten elektrischen Maschinen für Förderung versehen, welche nach Einstellung Betriebes anfangs 1917 verkauft wurden.

Die Einstellung des Betriebes dieses so hoffnungsvollen Bergbaues erfolgte trotz der teilweise schönen unverritzten Erzaufschlüsse im „Alten Mann“, so auf der 2. Sohle ein Kupferkiesvorkommen von 5 - 15 cm derb bei streichender Länge von 15 – 16 m, auf 3.tiefster Sohle ein unverritztes Gangtrumm von ca. 60 m Länge mit 35 - 40 cm teilweise derbem Fahlerz. Infolge der großen Auslagen für geologische Untersuchungen des Hangenden und Liegenden der Gänge mit langen Querschlägen, welche kein Resultat ergaben, aber trotz Einsprache des Unterzeichneten durchgeführt werden mussten.

Statt streichend aufzuschließen, eine Aufbereitung zu bauen und die ganzen Versatzberge mit eventuell weiteren unverritzten Vorkommen zu gewinnen und zu verwerten, wurden diese geologischen Untersuchungen durchgeführt und damit das vorhandene Kapital erschöpft.

Bei der großen bekannten streichenden Ausdehnung der Röhrerbüheler Gänge, ca. 2 km zwischen Kitzbüheler- und Reitherache ergibt sich nach unserer im Verhältnis ganz geringen streichenden Auffahrung und der damit gemachten Aufschlüsse für den Röhrerbühel noch ein bedeutender Erzreichtum, wie unsere vorsichtigen Berechnungen ergaben.

Es ist sonach der Beschluss des ehemaligen k. u. k. Kriegsministeriums anfangs 1917 sehr zu bedauern, nach welchem die Übernahme und der Weiterbetrieb des Röhrerbühels abgelehnt wurde.

Der Bergbau müsste mit entsprechenden Kapitalien aufgenommen werden und ergibt bei rationellem Betriebe und Einrichtungen gute Resultate, worüber die Erfahrungen über die Röhrerbüheler Vorkommen und deren Betrieb durch die langjährigen Untersuchungsarbeiten zur Verfügung stehen.

Innsbruck, am 23. April 1919.         gez.: Albert Häusing

Noch einige Daten vom Schurfschacht:

Schachtquerschnitt 2,5 x 4 m, sodass Förderkörbe mit 2 x 1 m Fläche wohl Platz hätten, damit kleine Lokomotiven in die Grube eingelassen werden können zur Förderung.

Wasserzufluss 1911:1. Sohle 2 – 4 Minutenliter
                   2. Sohle 50 Minutenliter
                   3. Sohle ganz unbedeutend

Mit Wasser ausgefüllter Hohlraum des Schurfschachtes ca. 10.000 cbm.

Quelle: Albert Nöh, Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol, Schwaz 1949.
© Digitale Version Dez. 2009 Ing. Gerd Kohler / Oberndorf in Tirol