Bergrevier Hall


von Robert R. v. Srbik

Die Salzgewinnung erfolgte in vorgeschichtlicher Zeit zuerst aus der natürlichen Salzsole, die im Halltal, vermutlich nächst St. Magdalena, zutage trat. Wie das Kupfer wurde das Salzgestein bald auch bergmännisch gebrochen. Durch künstliche Auslaugung im Wasser ergab sich ein größerer und rascherer Salzgewinn. Diese Art des Betriebes erhielt sich bis in historische Zeit und hat wohl nie ganz geruht. Sichere Spuren hievon sind jedoch in Hall nicht vorhanden.

Die erste Erwähnung von Salz auf Tiroler Boden erfolgt 1217, als Kaiser Friedrich II. dem Bischof von Brixen nebst allen Silbergruben auch die Erz- und Salzadern (omnes argentifodinas omnesque venas metallorum et salis) seines Gebietes ohne Abgabe der Hälfte des Ertrages an das Reich verlieh. Erst mit der Nennung der „salina in Tauer" in einer Urkunde des Jahres 1232 beginnt nach den Forschungen von O. Stolz die gesicherte Geschichte der Salzgewinnung im Tiroler Inntal. Die Saline war damals im Besitz der Grafen von Tirol, die sie von einem der Hochstifter zu Lehen erhalten hatten. Eine Urkunde von 1256 betrifft das „salczhaus zu Hall". Daneben kommt allerdings noch 1263 die „salina in Tauer" vor. Der alte Widerstreit der Meinungen, ob in beiden Orten Salzgewinnung erfolgte oder nicht, ist heute aus verschiedenen Gründen dahin zu lösen, dass sich die Saline (= Hal, d. i. Stätte der Salzgewinnung), wo die Versiedung der Sole vor sich ging, seit jeher am Inn befand; der sich dort entwickelnde Ort erhielt von der Saline den Namen. Die Urkunden des 13. Jahrhunderts lassen bereits auch einen Schluss auf die Art des Betriebes zu. Der 1283 gebrauchte Ausdruck „fodina salis" (Grube) weist auf Bergbaubetrieb hin, also auf Solengewinnung aus gebrochenem Salzgestein. 1287 wird der Salzabbau in dem ,,mons" besprochen. Nach einer Amtsordnung der Saline, die sich auf König Heinrich, Grafen von Tirol (1310 — 1335), als ihren Erlasser beruft und in einer Ausfertigung aus dem 15. Jahrhundert vorliegt, ist 1280 „der Berg und das Salzsieden zu Hall von Niklas von Bohrbach erfunden und angefangen worden". Damals wurde somit der Bergbau — wenigstens in größerem Maße und mit vollkommeneren Mitteln — eröffnet und in Verbindung mit der Saline gebracht, die bisher zur Versiedung der Salzsole gedient hatte.

Der Jahresertrag des Haller Salzbergbaues stieg durch zweckmäßige Neuerungen des Grafen Meinhard II. rasch an. Er belief sich 1280 auf 200 Mark Berner, bald nach 1300 bereits auf 1000 Mark. Das Gesamteinkommen des Landesfürsten betrug damals 11.000 Mark. Die jährliche Salzgewinnung erreichte 1296 bei Verwendung von 4 Pfannen 11.000 Meterzentner Salz, sie stieg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts auf das Dreifache und bis 1505 auf das Fünfzehnfache. Vergleichsweise sei angeführt, dass 1890 134.000 Meterzentner Salz im Wert von über 1 Million Gulden erzeugt wurden, 1920 500.000 Hektoliter Sole oder 160.000 Zentner Salz.

Wegen finanzieller Misswirtschaft erfolgte vom Beginn des 14. Jahrhunderts an eine Verpachtung oder Verpfändung der Saline zunächst an Münchner Gewerken auf vier Jahre um 1100 Mark jährlich, dann an Florentiner Unternehmer. Im Gegensatz zu den Erzbergbauen war die Vergebung bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts stets nur kurzfristig. Im 15. Jahrhundert und in der Folgezeit blieb die Haller Saline dauernd in der Eigenverwaltung des landesfürstlichen Ärars.

In Anbetracht des ertragreichen Betriebes erließ die Regierung schon seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts Maßnahmen zur Monopolisierung der Salzgewinnung und verbot die Einfuhr fremden Salzes, namentlich des italienischen Meersalzes. Zum besseren Vertrieb errichtete sie Salzkästen im Inntal, in Bozen und Meran und legte Straßen zu diesen ständigen Verkaufsmagazinen an. Die Salzpreise und Transportkosten wurden geregelt. Ein Star (= 30 l) Salz kostete in Hall 5 Zwanziger oder Silbergroschen, in Bozen deren 6. Der Transport über den Brenner belief sich daher auf l Silbergroschen für jedes Star oder 24 kg Salz. Die Ausfuhr, namentlich nach Süddeutschland, wurde sehr gefördert durch Straßenbauten über den Fernpass nach Kempten und an den Bodensee, über Scharnitz nach Augsburg. 1309 beginnen die Salzfuhren über den Arlberg. Bei diesen Bestrebungen um die Hebung der Salzgewinnung und des Absatzes fand die Regierung wertvolle Unterstützung durch den in Hall und Bozen begüterten Geschäftsmann Heinrich Kunter. Er errichtete in Lermoos einen Salzstadel und verbesserte die dortige Straße, namentlich aber ließ er die beiden schwierigen Straßenstücke Bozen-Klausen, heute noch „Kuntersweg" genannt, und Hall — Matrei (Ellbögner- oder Salzstraße) neu bauen und herrichten (1308).

Den technischen Betrieb in Hall versahen Beamte und Arbeiter. Die Oberleitung oblag dem Salzmaier (provisor salinae) als Vorstand. Ihm waren der Hallschreiber, Amtmann Salzgadner (für den Verkauf), der Bergmeister, Holzmeister und das ganze übrige Personal beigegeben. Von den Bauen am Berg erfolgte die Zuleitung der Sole in Holzröhren zum Pfannhaus in Hall, wo die Salzpfannen (in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts deren 4) und die Dörrgerüste waren. Der große Holzbedarf für den Salzsud wurde durch Triftung auf dem Inn und dessen Nebenbächen bis ins Engadin hinauf gedeckt. Hiezu legte man eigene Triftwerke und Klausen an, so im Paznaun (1296), im Pitz-, Sellrain-, Fotscher-, Axamer-, Stubai-, Sill-, Vomper-, Watten- und Weertal. Hunderte von Holzknechten und Flößern, Schiffsleuten und Seilern fanden hierdurch Beschäftigung.

Einzelne Arbeitszweige im Pfannhaus vergab der Landesfürst als Lehen an Bürger als vererbbare und veräußerliche Arbeiten. Der Lehensinhaber bezog vom Salinenamt hiefür einen bestimmten Betrag, verrichtete die Arbeit jedoch nicht selbst, sondern stellte Arbeiter um geringeren Lohn an. Der verbleibende Restbetrag war sein Einkommen, seine Rente. Der gesamte Betrieb in der Haller Saline war aber im Besitz des Landesfürsten. Der Abbau des Salzgesteins, die Herstellung der Sole, das Sieden in 4 Pfannen und der Verkauf war trotz lehensrechtlicher, genossen- oder gewerkschaftlicher Gestaltung einzelner Arbeitszweige ein einheitlicher, von einer Amtsstelle geleiteter Betrieb.

Die gleiche Vermischung lehensrechtlicher und gewerkschaftlicher Verhältnisse herrschte auch beim Betrieb des Salzbergwerkes Hall. Bei dessen Aufnahme um die Mitte des 13. Jahrhunderts vergaben die Grafen von Tirol als Inhaber den Abbau als Lehen, um möglichst viel Sudstoff zu erhalten. In späterer Zeit blieb es bei diesem Vorgang in der Form, dass die Lehensinhaber, einzelne Bürger oder bestimmte Familien in Hall, eine feste Rente erhielten. Ein solches verliehenes Abbaufeld hieß „Schlag am Berg" oder „Hallberg". Jeder „Schlag" bestand aus 4 „Eisen" oder Baustellen. Im Jahre 1314 waren im ganzen Halltal, am Ober- und Unterberg, 32 solche Eisen vorhanden. Die Arbeit besorgten die vom Lehensträger, dem Rentenempfänger, angestellten Arbeiter. Genauen Einblick in diese Verhältnisse gestattet die älteste uns erhaltene Ordnung des Haller Salzbergwerkes, „recht und gesetzt des pergs“ genannt. Sie bezeichnet als ihren ersten Schöpfer den Herzog Meinhard († 1295) und als ihren Erneuerer den Herzog Rudolf (1363 — 1369), ist gegen Ende des 14. Jahrhunderts, vielleicht auf Grund älterer Vorlagen, verfasst, in Abschriften aus der Mitte des 15. Jahrhunderts auf uns gekommen und befindet sich im Statthaltereiarchiv in Innsbruck. Die Inhaber der Schläge (damals 36) waren darnach verhalten, monatlich in einem Schlag ein bestimmtes Raummaß Gestein zu bewältigen, was vom Salzamt durch den Bürgermeister kontrolliert wurde. Der Inhaber des Schlages bekam wöchentlich die feste Summe von 30 Silbergroschen. Davon erhielt der Herr 12, der Knappe 18. Der Inhaber des Schlages empfing somit eine Rente, war Teilhaber am Bergwerk oder kapitalistischer Gewerke.

Die Bezeichnungen „Eisen" und „Schlag" weisen auf das Vortreiben von Stollen mit Eisenwerkzeugen hin. Die Stützung der Stollen mit „Rüstholz", die Förderung mit Holzbutten, die Röhrenleitungen und der Sudvorgang im Pfannhaus erforderten viel Holz, dessen Beschaffung und Zurichtung umfangreiche Arbeiten erforderte. Während, wie erwähnt, das Holz für das Pfannhaus aus dem Inntal und seinen Nebentälern genommen wurde, griff man für den Bedarf an Grubenhölzern auf die Waldbestände im Karwendelgebiet. Schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts erfolgte der Holzbezug aus dem Gleirsch- und Lafatschtale (Nurfeis, vergl. „Pfeis"). Trotz der über 2000 m hohen Joche, die hierbei zu überschreiten waren, kam es immerhin billiger als der Transport aus dem Inntal, das drei Stunden entfernt und 1000 m tiefer lag als die Bedarfsorte. Auch hier betätigte sich Kunter als erster geschichtlich fassbarer Straßenbauer in den Tiroler Alpen; eine Urkunde von 1363 verrechnet die Kosten „in via Kuntronis in Gleirs". Kunter hat somit nicht nur die Verkehrswege zur Saline, sondern auch Betriebswege zum Salzbergwerk gebaut, wie O. Stolz nachwies.

Das Zubringen der Sole von den Auslaugungsorten am Berg in die Röhrenleitung war das „Schöpfen", ein zu Lehen vergabter Arbeitszweig. Es erfolgte mit Holzbutten und Lederkübeln, die an Stricken gezogen und getragen wurden. Sehr misslich waren die häufige Undichte der Holzröhren, ihre Beschädigungen durch Steinschlag und Lawinen sowie ihr Abfrieren im Winter wegen oberflächlicher Lagerung.

Trotz all dieser Schwierigkeiten war der Haller Salzbergbau und Salinenbetrieb eine der besten Einnahmequellen des Landesfürsten; er hat auch alle Wandlungen des Tiroler Bergbaues bis in die Gegenwart [1928] überdauert.

Obwohl im Bereich des Bergreviers Hall heute der Erzbergbau nur unbedeutend ist, war hier vom Beginn des 14. Jahrhunderts an ein verhältnismäßig ansehnlicher Eisenwerkbetrieb.

König Heinrich von Böhmen verlieh 1315 einem Haller Bürger ein Eisenwerk bei Kolsass am Wattener Berg, das etwa 150 Jahre später Erzherzog Sigmund kaufte. Er erwarb auch 1468 einen Anteil an dem Goldbergwerk auf der „Wülpmer Alben" (Fulpmeser Alpe); auch im Vomperloch waren Erzgruben im landesfürstlichen Besitz.

Herzog Friedrich belehnte 1431 mit einem Silberschurf im Christental. Die Bürger von Innsbruck erhielten, nebenbei bemerkt, schon 1357 die Bewilligung, für ihre Bauten „Tuffstein" am Gehänge oberhalb Hötting — Mühlau zu gewinnen. Es ist die seither zu geologischer Berühmtheit gelangte „Höttinger Breccie".

Zur Zeit Maximilians I. bestanden private Silbergruben im Gleirschtal und am Solstein, ebenso Erzbergbaue in Volders und eine Schmelzhütte zu Weer. Die ersten hier erzeugten „Silberblicke" (reines Silber) sollten zur Hebung des Betriebes wechselfrei belassen werden (1513). Besondere Sorgfalt wandte Maximilian den Erzbauen oberhalb Hötting und Mühlau zu. Sie waren schon zu Zeiten Sigmunds um die Mitte des 15. Jahrhunderts ziemlich ausgedehnt. Aus jenen Tagen stammten auch die zwei von ihm erbauten Schmelzhütten zu Mühlau und Innsbruck, die beide heute vollkommen verschwunden sind 1). Die nutzbaren Erze im Höttingergraben und nächst dem jetzigen Kerschbuchhof bestanden in silberhaltigem Bleiglanz und Kiesen, wahrscheinlich auch in Galmei und Fahlerz. Da sich dort wenig Blei vorfand, musste dieses zur Verhüttung nötige Metall als „Frischwerk" aus Sterzing, Gossensass und vom Schneeberg zugeführt werden. Maximilian ordnete 1518 eine den Schwazer Erzen gleiche Bezahlung an, um den Betrieben bei Innsbruck aufzuhelfen.

1) Zum Betrieb wurden die Wasserkräfte der Sill, des Fallbaches in Hötting und namentlich des Mühlauerbaches ausgenützt. Wie schon in prähistorischer Zeit am Fuße des Berg Isel eine große Erzgussstätte bestanden hatte, erreichte derselbe Zweig industrieller Tätigkeit zu Ende des Mittelalters und während des 16. Jahrhunderts in Mühlau und Hötting eine hohe Vollendung. Während am unteren Fallbach der berühmte Erzgießer Jörg Endorfer im 15. Jahrhundert seine Werkstätte hatte und dort u. a. die älteste uns bekannte Kanone goss, bauten die Löffler auf dem Gänsbühel in Hötting ihre Glocken- und ,,Büchsen"- (Kanonen-) gießerei. Bis heute hat sieh der Ortsname Büchsenhausen erhalten. Durch ein volles Jahrhundert blieb die Gießerei in den Händen der Familie Löffler und lieferte zahlreiche Glocken und Geschütze. Größer noch waren die Anlagen am Unterlauf des Mühlauerbaches, wo es schon am Ende des Mittelalters drei Gusswerkstätten gab. Eine von ihnen gestaltete Maximilian I. in den Jahren 1506 — 1508 zu einer großen kaiserlichen Kunsterzgießerei um, deren Leitung den berühmtesten Künstlern jener Zeit übertragen wurde. Ihre Hauptaufgabe war die Ausführung des Gusses der Erzfiguren für das Grabmal des Kaisers in der Hofkirche zu Innsbruck. Im 16. Jahrhundert war die Kunstgießerei weltberühmt und eine Sehenswürdigkeit für alle Fremden. Nicht minder die landesfürstliche Harnischschlägerei, die schon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in Mühlau bestand. Bald hatte sie ihr Vorbild in Mailand überflügelt, Könige und Fürsten aus ganz Europa trachteten, Harnische (Rüstungen) aus Mühlau zu erlangen, denen eine besondere Widerstandsfähigkeit nachgerühmt wurde. Auch eine Münzpräge und eine Papierfabrik wurden im 16. Jahrhundert in Mühlau errichtet. Nach mehr als hundertjährigem rühmlichen Bestande gingen aber alle diese Werke zumeist infolge politischer Umwälzungen allmählich ein. Die letzte Arbeit der großen Kunstgießerei, die wir kennen, war der Guss der Statuen am Leopoldsbrunnen zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Von da an scheinen die Mühlauer Wasserkräfte bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr für größere Unternehmungen benützt worden zu sein.

Ein solches Bergwerk bestand bei St. Helena am Grafenmarkt (Gramartboden?) im Höttingergraben, wo auf silberhaltigen Galenit mit Blei gebaut wurde, es war ein sogen. „Glasbergwerk", wie man diesen Abbau damals allgemein bezeichnete. Wegen andringenden Wassers musste 1550 den Besitzern eine Geldaushilfe bewilligt werden.

Nächst dem Kerschbuchhof im Kerschbuchtal baute um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Gottesgab-Gewerkschaft auf silberhaltigen Bleiglanz, wahrscheinlich auch auf Galmei. Es scheinen dort bei Verleihung der Lehen Streitigkeiten vorgekommen zu sein, weshalb die Regierung besondere Verfügungen hinsichtlich der Stollenanlage zu treffen sich veranlasst sah. Es baute dort auch noch eine zweite Gewerkschaft, St. Daniel genannt. Demnach herrschte zu jener Zeit am Gehänge der Nordkette nächst Innsbruck vermutlich ein lebhafter Betrieb. Die St. Daniel-Gewerkschaft verlegte sich außer auf Blei und Silber namentlich auf die Gewinnung von Vitriol und Schwefel aus Kiesen. Sie erhielt 1554 die Bewilligung, die alte Schmelzhütte Mühlau auf ihre Kosten wieder herzustellen und dort ihre Erze zu verhütten. Die Vitriol- und Schwefelerzeugung erregte aber bei den Stadtvätern von Innsbruck und bei der Gemeinde Hötting wegen der lästigen Rauchentwicklung Unwillen und sie baten (1597) daher die Regierung, diese Betriebe zu verbieten. Der Antrag wurde jedoch von der Kammer wegen des hieraus sich ergebenden Gefälles abgewiesen.

Die im Kerschbuchtal bauende Gottesgab-Gewerkschaft betrieb ferner am Ölberg seit 1531 ein Bergwerk auf vorgenannte Erze. Die Stollen waren bald 450 Meter tief und zeigten sich sehr „höflich", weshalb auch diesem Betrieb zur Vermehrung der künftigen Abgaben ein Hilfsgeld bewilligt wurde (1543).

Weniger Erfolg hatte die Gewerkschaft St. Peter bei ihrem neuen Bau (1561) „zum Gottberat", den sie wegen Ertraglosigkeit bald einstellen musste (Lage ?).

Außer diesen größeren Gewerkschaften versuchten auch einzelne Knappen als „Freigrübler" ihr Glück auf eigene Faust. Ein solcher Bergbau „Zu Unser Frauen" genannt, bestand z. B. 1567 auf dem Achselkopf, andere hießen „St. Barbara", „St. Georg", „St. Christoph" und „Am Weinstock" (1577). Über diese kleinen Betriebe ist jedoch nichts Näheres bekannt.

Ein größerer Bergbau befand sich am sog. Neuen Weg oberhalb Mühlau. Die dortige Ausbeute an silberhaltigem Bleiglanz und vielleicht auch an Kiesen scheint in den „St. Maximilian" und „St. Niklas" genannten Gruben recht bedeutend gewesen zu sein, da die Regierung zwischen 1540 und 1550 viermal dieser Gewerkschaft Gnad und Hilfe zuteil werden ließ und ihr Blasbälge zuwies, was auf Ergiebigkeit hindeutet; denn ein aussichtsloses Unternehmen hätte die stets mit Geldmangel kämpfende Regierung sicherlich nicht unterstützt. Der Stollen war 1549 bereits über 600 Meter tief in den Berg hineingetrieben.

Auch der Kerschbucher Bergbau scheint ertragreich gewesen zu sein, denn die dortigen Gewerken erbauten 1596 daselbst einen eigenen Schmelzofen für ihre Rosterze (Silber und Kupfer) statt jenes alten in Mühlau.

Mit Beginn des 17. Jahrhunderts erfolgte jedoch wie anderwärts auch ein allmählicher Niedergang der Baue im Höttingergraben. Die Stollen waren 1622 bereits stark verfallen. Damals wurde durch Schwazer Gewerkschaften zwar eine Wiedergewältigung versucht, da noch etwas Hoffnung vorhanden sei. Anscheinend gewann man aber dabei nicht viel, denn wir hören dann nichts mehr von diesen einst recht ansehnlichen Betrieben („Knappenlöcher").

Eine nächste Gruppe von Erzbauen im Haller Revier lag im Stubaital. Die ältesten, näher bekannten Gruben stammen etwa aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Angeblich wurde „Am Peil in Wülpmer alben", vielleicht auch am Hohen Burgstall, Goldbergbau betrieben, jedenfalls wurde auch auf Erz abgebaut. Anfangs des 16. Jahrhunderts arbeiteten diese Unternehmen zwar mit Verlust, versprachen aber bei entsprechender Geldunterstützung Erfolg. Zwischen 1530 und 1544 erhielten daher die dortigen Gewerken wiederholt mehrjährige Fronfreiheit für die dort bestehenden 7 Gruben: St. Sigmund, St. Margareten, Zu Unser Frauen, 14 Nothelfer, St. Georgen, St. Jakob und „im Faldernikerbach" ober Neustift (Lage ?). Die Baue dürften gegen Ende des 16. Jahrhunderts bereits wenig ertragreich geworden sein; trotzdem wurden noch 1657 im Stubai Bewilligungen von Neuschürfen auf Eisenstein erteilt.

Im Wipptal herrschte auf der Ellbögnerstraße lebhafter Verkehr der Salzfuhren von Hall über den Brenner, in den östlichen Seitentälern war einst reger Erzbergbau. Im Vikartale erst im 18. Jahrhundert, viel früher bereits im hinteren Navis- und im Arztal (Erlacherbach), wo alte Eisensteingruben und Goldwäschereien bestanden. Noch 1642 wurde hier ein neuer Bergbau eröffnet. Da sich damals zwei mächtige Gewerken um Verleihung von Gruben im Arztal bewarben, die Fugger und die Kirchberger, scheint der Bau dort erfolgversprechend gewesen zu sein. Die Regierung befahl jedoch dem Bergrichter aus der Besorgnis, auch diese Gruben könnten in den Besitz der Fugger übergehen, mit denen man jahrhundertelang nur schlechte Erfahrungen als Bergherren gemacht hatte, „mit besonderem Fleiße" in allen Akten und Bergordnungen nach Gründen zu suchen, um die Fugger unter einem Rechtstitel abweisen zu können, was auch gelang. Im Arztal legte man zahlreiche Stollen, Schächte und Bauten an, ja sogar ein Rad, vielleicht auch ein Wasserhebwerk, eine „Kunst", wie es hieß, war dort; dennoch hinderten die großen Gestehungskosten für Proviant und der allgemeine Geldmangel an einem Gewinn, so dass 1649 die „Fristung", d. h. die Einstellung des Betriebes, aber Erhaltung der Bauten, befohlen werden musste.

Auch im Sellraintal bestand 1625 ein nicht näher bezeichnetes Bergwerk, auf der Lüsenseralpe und in der Sellrainschlucht waren wenig bedeutende Kupfer- und Schwefelkiesvorkommen im Tonglimmerschiefer, die abgebaut wurden.

Im Karwendel nordöstlich von Innsbruck wurde unter Maximilian I. zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Gegend des Lafatscherjoches, „die Fron im Lafays" genannt, auf Erz geschürft. Diese Gruben gingen dann in den Besitz der Peter und Paul-Gewerkschaf t in Thaur über. Wegen der hohen Lage und der schwierigen Transportverhältnisse erbaten und erhielten die Thaurer Gewerken 1538 eine mehrjährige Fronfreiheit. Die Schürfe scheinen sich auch als „höflich" erwiesen haben, denn noch Ende des 16. Jahrhunderts (1598) hatten die Fugger in jener Gegend Galmeigruben auf der „Alben Narfais, gelegen in Lofays" (Pfeis ?). Auch die Regierung übernahm 1599 ein Bleibergwerk „bei der Weinrebe" oberhalb Thaur in ihren Besitz. Ferner wurde in dem auch heute noch bestehenden [1928] Bergbau „Am Reps" 1594 gearbeitet.

In den Tuxer Voralpen bestand, wie erwähnt, mindestens seit 1315 ein Eisenwerk in Kolsass, 1527 eine Hütte im Raum Volders-Baumkirchen sowie eine Silber- und Eisenhütte in Wattens (1578), die gegen Ende des 16. Jahrhunderts (1598) an eine Zillertaler Gewerkschaft kam. Der Betrieb in Kolsass, wo ein etwa 350 m langer Stollen war, musste 1588 wegen Wassereinbruch heimgesagt werden. Mitte des 17. Jahrhunderts fanden Neuschürfe im Volders- und Wattental statt, freilich ohne Erfolg. Es geschah dies infolge einer Aufforderung der Kammer zu Neuschürfen, um angesichts der bedrängten finanziellen Lage der Regierung wenigstens bescheidene Einnahmen durch Abgaben aus dem Bergbaue zu erzielen. Diesem Bestreben erwuchs auch der unlöhnige Versuch eines Goldbergbaues bei Wiesing. Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges verfügten bekanntlich weder die Regierung noch die Bevölkerung Tirols über Geld. Darum müssen sowohl die erwähnte Aufforderung wie die aussichtslosen Unternehmungen dieser Zeit als gewagte Nachkriegserscheinungen aufgefasst werden, um rasch zu Geld zu kommen. Denn die ausländischen protestantischen [Anm.: ?] Kapitalisten aus Nürnberg und Augsburg waren viel zu vorsichtig, um ihr Geld bei fragwürdigen Bergbauunternehmungen in Tirol anzulegen, wo überdies die Gefahr der Gegenreformation drohte. Die Regierung versuchte es daher mit unternehmungslustigen, wenn auch weniger leistungsfähigen inländischen Gewerken. Die von Haus aus wenig erfolgversprechenden Schürfe kamen bald zum Erliegen.

So befand sich auch im Bergrevier Hall der Erzschurf um die Mitte des 17. Jahrhunderts im vollsten Niedergang. Nur der Salzbergbau in Hall überdauerte diese Zeit der Krisis bis in unsere Tage [1928]. Ähnlich verhält es sich mit der bis ins 12. (?) Jahrhundert zurückzuverfolgenden Gewinnung von Steinöl aus den Ölschiefern von Seefeld.


Bergrevier Hall

1 Mölserberg (westl. Alpe Lizum): Spateisenstein mit Ankerit, Kupfer- und Schwefelkies, Granspießglanz in Tonschiefern. 13. und 14. Jahrhundert lebhaft, Anfang 16. Jahrhundert aufgelassen. — Wattens 1315 Eisenwerk, 1557 Silberhütte. — Im Wattental 1578 Silbererze, 1598 Eisen (Zillertaler Gewerkschaft). — 1657 auf dem Hilpold Gewinnung von Gold, Silber und Eisen, 1635 goldführende Kieskluft angefahren (Fugger, Lessenthalische und Kirchbergische Gewerken. — Am Wattensberg 1869 Entdeckung von Kupferkies, Bleiglanz und Magneteisenstein.

2 Voldertal: Wie 1, ferner Arsenkies, Molybdän- und Antimonglanz. An Stelle des heutigen Wildbades „Himmelfahrt und Anton"-Grube auf Antimon- und Kupfererze. Verhüttung in Wattens. 16. Jahrhundert erschöpft. Badquelle (Eisen und Kupfer) aus Grube seit 1463 benutzt. - Bergbau auf Silber 1521, Alaun, Schwefel und Vitriol 1533, Spateisenstein 1657. Am Goldrain auf Silber schon 1480.

3 Walderalpe: Braunstein im Dolomit 1857.

4 Fallbachanger: Wie 3. — 3 und 4 belieferten chemische Fabrik Hall bis 1860.

5 Überschall: Blei-, Galmei- und Blenderze mit Kalk- und Flussspat in Triaskalk. Alte, ausgedehnte Baue 1276 — 1490, Verhüttung im Vomperloch und in Jenbach, dann 1846 — 1848 ohne Erfolg.

6 In der Reps: Wie 5. Betrieb wie 5 und im 16. Jahrhundert, dann 1845 — 1850 „Tausch- und Eisenkollergrube". Große Transportschwierigkeiten. Heute Betrieb.

7 Rossloch: Wie 5. Alte, ausgedehnte Gruben seit Mitte 15. Jahrhunderts. Guter Ertrag. Verhüttung östlich Scharnitz. 1620 Elementarkatastrophe. — Hinterriß: Auf Eisen 1484 neu entdeckter Bergbau, ehemals Schmelze (Kirche „Maria Schmelz"). 1544 im Besitze der Fugger („Fuggeranger" noch heute). — 1899 Steinölschürfe im Weitkar-und Ecklgraben.

8 Christeneck: Bleiglanz, Fahl- und Blenderz im Triaskalk. 1431 bis 1620. 1594 Silberbau sehr ergiebig. Verhüttung wie 7. Erz erschöpft. — Kleiner Schürf auf der Pfeisalpe. — Im Gleirschtal 1628 sechsundneunzig Bergwerksverleihungen. Am Hohen Gleirsch alte, aufgelassene Gruben auf Blei und Zink.

9 Thaurer Schlossberg: Salzquelle, angeblich schon lange vor Entdeckung des Haller Salzbergwerkes, Erzeugung von Sole 1232. Salzpfanne 1232. - Wie 8, auch Silber. Anfang des 17. bis 18. Jahrhundert. Schramm- und Sprengarbeit. Mehrere Zechen auf silberhaltiges Blei in der Kainau 1599, 1611 — 1653. Verhüttung Jenbach. — Ähnlich nächst Hötting die Knappenlöcher (1518 — 1622). Schmelzhütte 1500 in Mühlau. Uralte Bergbauspuren. 1488 Betriebsbeginn am „Neuen Weg". — Schwefelschmelzhütte bei Kranebitten 1591 erwähnt. Vitriolsiederei 1554 in Hötting.

10 Salzberg: Steinsalz im Haselgebirge (Gips, Anhydrit, Ton). Salzton hat 30 — 35% Salzgehalt. Betrieb seit etwa 1280, Salzquelle wahrscheinlich schon im 8. Jahrhundert. 8 Tagstollen. Große Ausdehnung: O-W 8000m, Breite 800m, Tiefe 350m. Salzsud in Hall, identisch mit 9 (1232).

11 Zirlerklamm: Bleiglanz, Arsenschwefel (Realgar) im Triaskalk. Ende des 18. Jahrhunderts kurzer Betrieb. Galmeigruben 1604. Schlossbach- und Kalvarienbergklamm. Asphalt bei Leiblfing, Steinölerzeugung Anfang des 17. Jahrhunderts.

12 Ematberg (u. Telfs): Bleiglanz mit Blende im Triaskalk. Erzberg- und Straßbergerklamm. Betrieb wie 11, 1872 auch Kohle. — Stams: 1500 „Arzt" angegeben, wahrscheinlich Gold. — St. Georgen bei Haiming: Silber 1648.

13 Reither Asphaltwerke: Bituminöse Schiefer. Maximilianhütte. Entdeckung im 14. Jahrhundert. 1839 Fabrik für Ölschieferverwertung.

14 Seefelder Asphaltwerke: Wie 13. Geschichtlich nachweisbare Destillation des „Dirschenöls" seit 1350. Fabrik 1839 — 1866. Sonst wie 13.

15 Scharnitzer Asphaltwerke: Wie 13. Fabriksmäßige Herstellung von Asphalt seit 1857. Sonst wie 13 und 14.

16 Ahrntal: Bleiglanz und Blende mit Kalk- und Flussspat im Triaskalk. Betrieb 17. Jahrhundert bis 1658, in Bayern 1875 — 1883 Wiedergewältigung.

17 Schlicktal: Spateisenstein mit Rot- und Brauneisenerz. 15. und 16. Jahrhundert bis 1587. Verhüttung in Fulpmes.

18 Burgstall: Bisenglanz, Eisenglimmer, Magneteisenstein und Schwefelkies. Gold ? Nach 1813 kurzer Betrieb. Am Mahderberg alter Stollen. — Schlackenmassen auf sehr hohen und steilen Gehängen des Stubaitales und seiner Nebentäler weisen auf lebhaften Betrieb hin. Goldbergbau 1464, Eisenstein und Silber im 17. Jahrhundert.

19 Peil: Goldführende Schwefel- und Arsenkiese im Tonglimmerschiefer. 14. Jahrhundert bis 1410 (Grat des Aperen Pfaffen). Gold auf der Valponer Alpe bis 1468.

20 Mühltal (im Stubai): Silberhaltiger Bleiglanz mit Schwefel- und Kupferkies im Tonglimmerschiefer. 16. Jahrhundert Verhüttung Fulmpes bis 1642.

21 Pinnistal: Wie 20. 1702 und einige Jahre später. Holzarmut, Transportschwierigkeiten. Am Fuß der Elferspitze und im Saital, dann südwestl. vom Habicht ähnlich.

22 Griffalpe (Knappenkuchel): Antimonerz mit Kupfer- und Schwefelkies und Spateisenstein im Serpentin. Silberhaltiges Blei und Galmei 1501. Auf Fahlerz 1655 Abbau in 12 Gruben. Kupferkies auf der Woiricheralpe im Navistal. 1734 — 1850. Verhüttung in Brixlegg. — Antimonerz im Gschnitztal südwestl. Trins. — Im Mühltal (Vikaralpe): Kupferkies und Spateisenstein. — St. Peter: Bleiglanz im Schiefer. Wenig Ertrag, daher aufgelassen. — Im Arztal: Eisensteingruben 1595. Angeblich 1602 Schwefel, Quecksilber und Steinkohlen. Gruben noch 1642 in Betrieb. — Am Blaser Schurfbau auf Kupferkies (Höhenbergalpe).

23 Hochwart: Kupfer- und Schwefelkies im Tonglimmerschiefer. 18. Jahrhundert Schürf bei der „Kalten Herberge", Verhüttung in Brixlegg. Kurzer Betrieb.

24 Wildgrube: Silberhaltiger Bleiglanz mit Blende, Fahlerz, Kupferkies, Baryt, Fluorit. Angeblich schon römischer Bergbau. 14. Jahrhundert bis Anfang 17. Jahrhundert. Blüte im 15. Jahrhundert. Verhüttung in Gries. Nach Burglehner zur Münzbank in Sterzing gehörig. Ausgedehnte Gruben und Halden. Wiedergewältigung eines alten Stollens Anfang des 19. Jahrhunderts, bald aufgelassen.

25 Osterberg: Kupfer- und Schwefelkies im Tonglimmerschiefer. 1628, 18. Jahrhundert bis 1811. Verhüttung Brixlegg. — Ähnlich im Sellraintal 1625 (auch Silber) und auf der Lüsenser Alpe 1647.

26 Nößlach: Anthrazit 1840 - 1847.

27 Truna-(Trauner-)alpe: Wie 26. 1842 und einige Jahre später.

28 St. Magdalena: Versuchsstollen auf Kupfererze mit kieselreichen Kalken.

29 Muttenjoch: Tiefe Stollen auf Blei und Kupfer. Beschwerlich zu erreichen, aufgelassen (Baryt, Bleiglanz, Fahlerz, Flussspat, Zinkblende).

Anmerkung: Im ganzen Silltal vom Ursprung bis zur Mündung Goldwäscherei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. (Am Griesberg 2138 m, östl. vom Brenner, im Schiefer Schwefel, Arsenkies und Anflug von Gold).

Quelle: Robert R. v. Srbik, Überblick des Bergbaues von Tirol und Vorarlberg in Vergangenheit und Gegenwart, Innsbruck 1929, (Sonderabdruck aus den Berichten des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines Innsbruck), S. 185 - 199.
Digitalisierung der Karten: Wolfgang Morscher
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