Hofer's Persönlichkeit und Verwaltung des Landes


IV. Periode.
Andreas Hofers Regierung.
Erstes Kapitel
Hofer's Persönlichkeit und Verwaltung des Landes.


§. 1. Andreas Hofer war nun sowohl durch die Macht der Umstände, als durch das unbegrenzte Vertrauen seiner Landsleute auf seine Redlichkeit — auf seinen Biedersinn — auf seine Vaterlandsliebe — auf sein Tirolerherz an die Spitze der Landesverteidigung und Verwaltung gestellt, in der Tat der rechte Mann und die feste Schutzwehre gegen die Anarchie.

Die Familie Hofer stammt aus der Berggegend „Maafeld" der Gemeinde Platt im Tale Passeier, wo sie einen ansehnlichen Bauernhof besaß. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zog ein Zweig nach Moos auf das dortige Wirtshaus. Christian Hofer von Moos erhielt wegen seiner Verdienste um das Erzhaus Oesterreich 1671 die Wappenmäßigkeit. Sein Enkel Michael und dessen Sohn, Simon Hofer, hatten sich bei Dämpfung des Bauernaufruhrs in Mais mannhaft hervorgetan. Die andere Linie siedelte sich fast um dieselbe Zeit auf dem Sandwirtshofe an. Dort saßen Kaspar und Bartlmä, kräftige Männer, ehrlich, bieder und geachtet im ganzen Tale. Des letzteren Sohn war Joseph und dieser der Vater des Andreas, unseres Helden, der den 22. November 1767 geboren und Besitzer des eine Viertelstunde vom Hauptorte St. Leonhard am Talwege gelegenen Wirtshauses zur Krone am Sand geworden. Er stand im kräftigsten Mannesalter von bald 42 Jahren, als er 1809 die große Rolle übernahm. In glücklicher Ehe mit Anna Ladurner hatte ihm diese einen Sohn und vier Töchter geboren.

Andreas Hofer war von ziemlich hoher, untersetzter, aber doch nicht herkulischer Gestalt mit breiten Schultern und schön gewachsenen fleischvollen Schenkeln und Füßen; er hatte ein rundes, rotbackiges Gesicht mit einer kleinen, wenn gleich ziemlich breiten Nase, lebhaften, braunen Augen und schwarzem Haare, sowie, als vorzügliche Auszeichnung, einen vollen und weit auf die Brust herabwallenden schwarzen Kinnbart, den er sich bald nach Tirols Übergang an Bayern in Folge einer Wette wachsen ließ. Die Italiener nannten ihn darum gewöhnlich den General Barbone. Sein Gang war aufrecht, langsam und würdevoll, seine Gesichtsmiene freundlich, seine Stimme weich und hell und sein ganzes Wesen einnehmend und Zutrauen erweckend. — Hofer trug fortwährend eine Bekleidung, die von jener der Passeierer einigermaßen abwich: eine Jacke von grüner Farbe (in seinem Thale ist sie durchaus von braunem Loden), ein rotes Wams mit einem darüber gespannten grünen Hosenträger, eine breite lederne Bauchbinde (Gürtel), welche beschlagen und mit den Anfangsbuchstaben seines Namens A. H. in der Mitte geziert war, schwarze lederne Hosen, die nur bis an die Knie reichten, und blaue wollene Strümpfe mit Bundschuhen, um den Hals einen schwarzen Flor und als Kopfbedeckung einen breitkrämpigen schwarzen Hut, der auf einer Seite aufgestülpt und mit dem Bildnisse der Mutter Gottes nebst Blumen und Wildfedern geschmückt war. Die Nonnen des Klosters von der heiligen Ursula zu Innsbruck stickten ihm ein breites Hutband mit der Inschrift: Andreas Hofer, Oberkommandant von Tirol.

An einer Halsschnur hing ihm ein messingenes Kruzifix bis auf die Brust herab und an einer andern ein silberner Pfennig mit dem Bildnisse des heiligen Georg. — Seine Waffe war anfänglich ein Offiziersdegen (nun aufbewahrt im Ferdinandeum zu Innsbruck), dann der ihm vom General Chasteler geschenkte Säbel.

Er hatte eine standesmäßige, dem Wirtsgewerbe entsprechende Erziehung und Bildung erhalten und redete und schrieb beide Landessprachen, obwohl beide gleich gemein und unrichtig. Sein Wirtsgewerbe, noch mehr aber sein Handel mit Vieh, Wein und Branntwein, welch letzteren er vorzüglich nach dem Inntale auf Saumpferden betrieb, verschafften ihm viel Gewandtheit im Verkehr und im Umgange mit andern, sowie ausgebreitete Bekanntschaften im ganzen Lande.

Der Sandwirt, wie man ihn allgemein nannte, zeichnete sich durch Gutmütigkeit. Biedersinn, Redlichkeit, Treue und tiefe Frömmigkeit sowohl im Kreise seiner Familie, als auch in seinen auswärtigen Geschäften so vorteilhaft aus, dass er nicht nur in Passeier, sondern überall, wo man ihn kannte, Achtung und Zutrauen besaß. Doktor Heinrich Leo nennt ihn in seiner Universalgeschichte (B. V. S. 582) trefflich bezeichnend eine harmlos heitere, im Handel und Wandel redliche Seele, und sein Haus, obschon ein Wirtshaus, doch ein Muster christlicher Zucht und Sitten. Das ganze Land, vorzüglich aber die Stadt Innsbruck, wo er über zwei Monate als Oberkommandant residierte, hatte Gelegenheit, sein schlichtes, ehrliches Wesen und seine Mäßigkeit im Genusse der Speisen und Getränke, wie überhaupt seinen schönen Charakter zu bewundern, und die dagegen in den Berichten des Intendanten vorkommenden Anzüglichkeiten und hämischen Ausfälle als Verleumdung zu konstatieren.

Seine Liebe und Anhänglichkeit an das österreichische Kaiserhaus und besonders an die Person des Kaisers Franz, sowie an das Heimatland Tirol war so rein als innig; sie ging aus seinem tiefsten Herzensgrunde hervor, darum blieb sie fest und ungeschwächt bei allen Lockungen der Verführung, unter allen Stürmen der Gewalt unerschüttert selbst im Tode. Mit Freude zog er bei allen früheren Gelegenheiten von 1796 bis 1805 wider die Feinde Österreichs zu Felde und ward von den Schützen seines Tales meistens zum Hauptmann erwählt. Dies war seine Kriegsschule. — Im Jahre 1805 begleitete er voll Wehmut den scheidenden Erzherzog Johann bis Bruneck, und der vom ganzen Lande heißgeliebte Prinz wusste Hofer's Persönlichkeit so sehr zu würdigen, dass dieser es war, mit dem in der Folge die bekannte — mystische Korrespondenz geführt und der Plan wegen des allgemeinen Aufstandes in Tirol verabredet wurde.

Keine unechte Triebfeder wirkte auf Hofer in seiner wichtigen Stellung, der jeder Missbrauch so leicht und nahe war. Ihn leitete weder Ehrgeiz, noch Habsucht, weder Stolz, noch Leidenschaft. Er stellte sich an die Spitze des Aufstandes einzig für den Glauben seiner Väter, welchen die kirchlichen Neuerungen und Priesterverfolgungen der bayerischen Regierung zu untergraben schienen, dann für das teure Vaterland, welches, seiner Verfassung und Freiheiten schmählich beraubt, unter despotischen Beamten und überschwänglichen Lasten seufzte, endlich für das angestammte Erzhaus Österreich, unter dessen mächtigem und mildem Zepter sich Tirol so viele Jahrhunderte glücklich pries und dessen gerechte Sache wider Napoleon — die Geißel Europas — wenigstens in ganz Deutschland, wie man hoffte, Beifall und Unterstützung finden sollte. — Für diese Zwecke opferte Hofer alles — auch sein Leben. So waren bei ihm die Eigenschaften seines Herzens bestellt.

Was seine geistigen Gaben und Kenntnisse betrifft, so beschränkten sich diese allerdings auf eine seinem Stande gemäße Bildung; dabei hatte er einen gesunden Verstand, treffende Urteilskraft, verbunden mit vielem Mutterwitz, der bei seinem Hang zum Scherze gar oft sich äußerte und unterhaltend überraschte. In der Politik und Staatskunde war Hofer sehr natürlich ganz nüchtern; allein er wusste sich mit rechtschaffenen, erfahrenen und sachkundigen Männern zu umgeben, welche seine Schritte leiteten und ihn vor Missgriffen und bösen Ratgebern bewahrten. Nur selten gelang es leidenschaftlichen Menschen, ihn zu reizen oder irre zu leiten und seine Leichtgläubigkeit zum Nachteile einzelner Individuen zu missbrauchen. — So lange er das Oberkommando von Tirol führte, herrschte allgemein und überall Einigkeit, Ruhe, Ordnung und Sicherheit, wie dies ganz und gar nicht der Fall unter der österreichischen Intendantschaft war.

Freiherr von Hormayr, welcher den edlen Hofer in allen seinen Ministerialberichten möglichst herabzuwürdigen und zu verleumden suchte, hat an ihm (nichts weniger, als ein willfähriges Werkzeug seiner Umtriebe) „einen Popanz des Volkes" gefunden. Hofer sah sich schon im Mai bestimmt, mit dem Intendanten seine Verbindungen tunlichst abzubrechen, gegen den er bei jeder Gelegenheit Misstrauen und Unzufriedenheit ausgesprochen, sowie alle Korrespondenz mit ihm vermieden hat. Er merkte nur zu gut, dass bei dem Intendanten (leider!) die Schlechtigkeit des Charakters im Verhältnisse mit dem ungeheuren Umfange seiner Talente stand. — Wir werden hören, mit welchen Auszeichnungen der gerechte Kaiser Franz den Sandwirt Andreas Hofer nicht nur im Leben, sondern auch nach dem Tode ehrte, und wie eben dadurch unserer getreuen Schilderung seines Charakters und des darauf beruhenden allgemeinen Zutrauens im Volke das Siegel aufgedrückt wurde 1).

§. 2. Hofer bezog zwar nach seiner Zurückkunft von Hall die Hofburg, wohnte aber mit seinen Adjutanten und Vertrauten in den minder ansehnlichen Gemächern derselben. Im Speisezimmer ließ er sogleich ein Kruzifix und ein Bild der Mutter Gottes an die Wand heften. Morgens und abends besuchte er die anstoßende Pfarrkirche mit dem Gnadenbilde „Mariahilf“, auch betete er seiner Umgebung täglich nach dem Nachtessen den Rosenkranz selbst vor, mit dem Anhange einer Menge „Vaterunser“ um die Fürbitte verschiedener Heiligen. Alle seine Leute mussten mit ihm beten, indem er zu sagen pflegte: „Habt's mitg'essen, könnt's auch mitbeten."

Sein Tisch war äußerst frugal. Er ließ sich und seinen Tischgenossen die Kost aus dem der Burg gegenüberstehenden Kaffeehause bringen, und verzehrte mit Einschluss des Frühstücks, so in Käs und Brot bestand, für sich wie für jeden seiner Gesellschaft und Gäste täglich nicht mehr als 45 kr. Das Getränke ward ihm aus dem Etschlande nachgeführt. — Bevor Hofer sich zur Ruhe begab, ward gewöhnlich ein geistliches oder auch ein weltliches, bisweilen ein Tiroler Kriegslied gesungen, wobei er, während andere spielten oder zechten, den Vorsänger machte.

Übrigens herrschte bei ihm durchaus bäuerische Sitte; man schmauchte, pfiff, sang, putzte das Licht mit den Fingern, trank das Wasser aus der Flasche u. dgl. Hofer war gewöhnlich in den Hemdärmeln, wenn er mit seinen Schreibern arbeitete — Den äußern und inneren Wachpostendienst der Burg versahen meistens Passeierer. Die Wachen auf den Stiegen und vor den Zimmern hatten Stühle neben sich, worauf sie sich setzten, wenn sie des Stehens müde waren.

Bauern und Geistliche gingen ungemeldet zum Oberkommandanten; andere Personen mussten angemeldet werden und oft lange warten, bis sie vorkamen: er wurde den ganzen Tag überlaufen. Mancher Schmeichler oder Schalk gab ihm den Titel „Exzellenz“, aber er wurde immer böse darüber und ließ sich nur „Oberkommandant“ oder „Hofer" nennen.

Von allen Orten her kamen Deputierte zu ihm und trugen ihm allerlei Gemeindeangelegenheiten vor. Er fertigte sie gewöhnlich kurz oder mit dem Wahlspruche ab: „Vertrauen wir auf Gott und es wird alles recht gehen.“

Das Tal Stubai hatte unter der bayerischen Regierung das eigene Gericht verloren und bat nun den Oberkommandanten um Wiederherstellung desselben durch den abgeordneten Anwalt Elias Domanig, Wirt auf dem Schönberg, dem Hofer sehr geneigt war. Der schriftliche Bescheid lautete: „Sobald der gesamte Gerichts-Ausschuss von Stubai mir einen Vorschlag machen wird, wie auf was Art das Hofgericht Stubai ohne Unkosten des Aerariums, welches dermal möglichst für Sparsamkeit besorgt sein muss, wieder behörig restauriert werden kann, alsdann wird weitere Entschließung folgen. Inzwischen wird nach dem Wunsche der Gerichtsausschüsse Joseph von Stolz bei der hiesigen Schutzdeputation verwendet werden." 2)

Einer vom Adel, ein sehr eifriges Mitglied der Innsbrucker Schutzdeputation, bei dem Hofer sein Absteigquartier genommen hatte, proponierte ihm, er solle die Universitätsbibliothek untersuchen und alle ketzerischen und gefährlichen Bücher daraus wegnehmen und verbrennen lassen. Hofer schlug es ab mit den Worten: „Die bayerische Regierung hat keine neuen Bücher eingeschafft, die österreichische aber sicher keine schädlichen."

Die gefangenen Gräfinnen Spaur und Epple wohnten in der Burg. Hofer besuchte sie öfters und scherzte mit ihnen. Wenn er sich der vier Schimmel bedienen wollte, welche dem Gemahl der Gräfin Spaur als Beute abgenommen worden, erbat er sich hierzu immer von der Gräfin die Erlaubnis.

Hofer verleugnete nie den Bauern. Als das Alpenvieh durch die Hofgasse bei der Burg vorüber getrieben wurde, eilte er auf die Altane und sah vergnügt auf die geschmückten Kühe. Er harrte immer aus. bis der Zug ganz vorüber war.

Das höchst traurige Schicksal der von Marschall Lefebvre abgeführten Geißeln ging dem gutmütigen Hofer tief zu Herzen. Er machte der Frau Gräfin Sarnthein sogleich einen Besuch und bemühte sich mit der Versicherung, sie zu trösten, dass er alle Mittel anwenden wolle, um die Zurückkunft der Geißeln zu bewirken. - Der aufgehobene Kurier, Oberleutnant Baron Völderndorff, befand sich als Gefangener ebenfalls in der Burg und wusste sich Hofer's Zutrauen zu gewinnen. Dieser erbot sich, nach München zu gehen und alles aufzubieten, um die Auswechslung der Geißeln und anderer tirolischen Gefangenen gegen Freilassung bayerischer Offiziere und Soldaten zu Stande zu bringen. Sollte ihm dieses Geschäft wider seine Erwartung nicht gelingen, so würde er als Ehrenmann wieder in seine Gefangenschaft zurückkehren. Hofer ging den Vorschlag ein und sandte den Oberleutnant nach München. — Fast gleichzeitig schickte Hofer einen Bauern vom k. bayr. Landgericht Miesbach, welcher bei dem in Achental aufgehobenen Transporte von 60 Wagen mit 120 Pferden sich befand und nebst seinen Kameraden in Gefangenschaft geriet, mit Paß nach München, um seinen und seiner Mitgefangenen Austausch gegen Tiroler zu erreichen. Welchen Erfolg diese Sendungen hatten, werden wir später berichten.

§. 3. Hofer erkannte sehr gut, dass sich das Land Tirol, ungeachtet der erfochtenen Siege, in der gefährlichsten Lage befinde. Ringsum von Feinden umgeben und von Allem entblößt, was zur fortwährenden Verteidigung so ausgedehnter Grenzen unumgänglich nötig war, musste es — ohne den Beistand Österreichs, der aber wieder durch den Waffenstillstand abgeschnitten ward — der schauerlichsten Zukunft entgegensehen. Man konnte nicht zweifeln, dass Napoleon die von dem empfindlichsten Verluste begleitete ungeheure Schmach seines Marschalls und der Bundestruppen ohne Verzug rächen und die gänzliche Verwüstung Tirols durch einen allseitigen und verstärkten Einbruch seiner Truppen beschließen würde.

Nichts war also dem Oberkommandanten angelegener, als die Verfassung einer Vorstellung an den Monarchen, für dessen Sache man bisher alles preisgegeben hatte, und wenn es ihm frommen könnte, auch noch das letzte Gut, den letzten Blutstropfen zu opfern bereit war. — Der bekannte Oberst Luzheim, Oberkommandant im Pustertal, befand sich damals in Innsbruck und suchte auf alle Art sich bei Hofer geltend zu machen. Dieser war es denn auch, welcher die Vorstellung Hofer's an den Kaiser von Österreich verfasste und Tirols bisherige Leistungen und Opfer, sowie die von Seite Österreichs dafür erhaltenen tröstlichen Zusicherungen, aber auch den gegenwärtigen verzweifelten Zustand des Landes in kräftigen Zügen schilderte. Der Schluss und die Bitte des Oberkommandanten lautete:
"In dieser traurigen Lage wage ich es, im Namen der ganzen Nation zu dem Vaterherzen Euer Majestät die Zuflucht zu nehmen und flehendst zu bitten, E. M. wollen gnädigst geruhen, dem bedrängten Vaterlande, das von allen Seiten mit Feinden umzingelt ist, eiligste Hilfe zu schicken, oder wenn doch die Umstände unmittelbare Hilfe unmöglich machen, dem getreuen Lande wenigstens die gegenwärtige Lage der Dinge mitzuteilen, um hieraus ersehen zu können, ob weiterer Widerstand die Rettung des so teuern Vaterlandes oder den gänzlichen Untergang desselben herbeiführen würde.“ 3)
Man ersieht hieraus zur Genüge, dass Hofer nur für Österreich handeln, nur mit des Kaisers Unterstützung oder doch mit seiner Beistimmung den Krieg fortsetzen wollte. — Ob diese Vorstellung in die Hände des Kaisers Franz gekommen sei, oder nicht, blieb uns unbekannt. Immerhin hat der Oberkommandant Hofer alle seine Schritte, Verordnungen und Anstalten als Österreichs Sachführer gemacht.

Um die Stadt Innsbruck von den österreichischen Ranzionierten und Marodeurs zu säubern, die als ein wahres Lumpengesindel überall Unfug trieben, nur auf Raub und Plünderung ausgingen und eine förmliche Räuberbande zu bilden drohten, hatte sie Hofer zusammen trommeln und von seinen Passeierern auf die Hauptwache treiben lassen. Es kamen dort bei 200 zusammen, sie wurden unter strenge Aufsicht und Luzheim's Befehl gesetzt, der sie nach Pustertal abführen ließ, wohin er zurückkehrte. — Zugleich wurden die Ortsobrigkeiten des ganzen Landes angewiesen, alle derlei Militär-Individuen aufzugreifen und nach Pustertal an den Oberst Baron Luzheim zu verschieben 4).

§. 4. Um den Zusammenhang nicht zu unterbrechen und Wiederholungen zu vermeiden, wollen wir das, was für die Verwaltung des Landes geschah, unter einer möglichst vollständigen Übersicht zusammenfassen. Hofer's vorzügliche Sorgfalt war, die durch die jüngsten Ereignisse gestörte Ordnung und den hierdurch ebenso gefährdeten Sicherheitszustand für Personen und Eigentum schleunigst wieder herzustellen. Er erließ daher unter seinen ersten Verfügungen eine organische Verordnung, worin er erklärte, dass sich das wahre Glück der bürgerlichen Gesellschaft auf Ordnung gründe und die erste und ebenso dringende Notwendigkeit, welche zu diesem Zwecke führen könne, unverkennbar die Wiederherstellung der erforderlichen Autoritäten oder Behörden sei, damit der Landesbewohner bei selben Handhabung seiner Rechte und Hilfe suchen, auch solche finden möge.

„Von diesen Ansichten geleitet — fährt er fort — und in der weitern Erwägung, dass von mir unterfertigten Oberkommandanten alles, was gehandelt wird, für Se. Majestät den Kaiser bewirkt werde, werden demnach nicht nur die Patrimonial- und Landgerichte, die Rentämter, die Finanz- und Kameraldirektionen, die Generalkreiskommissariate und die dahier und in Trient bestehenden Appellationsgerichte in ihren ehemaligen Wirkungskreisen provisorisch bestätiget und zur schleunigen Fortsetzung ihrer Funktionen angewiesen, sondern die unterzeichnete Oberkommandantschaft hat den gegenwärtigen Verhältnissen „auch angemessen und notwendig zu sein befunden, in Innsbruck noch überdies für das Publice-Politicum und für das Camerale eine zentralisierte Oberbehörde unter der Benennung: provisorische General-Landesadministration in Tirol zusammenzusetzen und aufzustellen und dieser Stelle die Oberleitung über die, in bemeldete Dienstesfächer einschlägigen, Kreis und über jene Behörden, welche bisher nur eigenen Hofstellen unterstanden, vom ganzen Lande Tirol zu übertragen, auch selber anbei die Erledigung jener Geschäftsgegenstände zur Pflicht zu machen, die bisher nur von der Vorlage und Entscheidung des Hofes abhingen."

Hierauf folgt die Benennung der reaktivierten Behörden und Ämter mit der Weisung an das Volk, ihnen den schuldigen Gehorsam und die gebührende Achtung zu leisten. Aber auch den Beamten wird aufgetragen, sich unweigerlich auf ihre Dienstplätze zu begeben und ihre Berufspflichten pünktlich zu erfüllen, indem jeder, der sich dessen weigern wollte, als ein offenbarer Feind des Vaterlandes angesehen und behandelt werden würde 5).

Es waren von verschiedenen Gerichten des nördlichen und des südlichen Tirols Vorsteher und Ausschüsse zu Innsbruck, welche über die angeführte Verordnung einige Zweifel hegten und deshalb Aufklärung wünschten. Diese wurden demnach zu einer Präliminarsitzung der General-Landesadministration beigezogen und am Schlusse derselben machten einige von ihnen die Motion, „dass ehetunlichst der Währungszuschlag im ganzen Lande aufgehoben und die 4prozentige Verzinsung der Kapitalien wieder eingeführt werden solle.“ 6) — Eine nachträgliche Erläuterung des Oberkommandanten unterordnete auch die Obermautämter der General-Landesadministration 7).

§. 5. Das Personale der provisorischen General-Landesadministration bestand anfänglich aus dem Präses, 3, dann 4 Referenten, dem ältesten davon als Vizepräses und 5 Beisitzern, welche, letztere nur eine beratende Stimme hatten. Bald zeigte es sich, dass dasselbe für den Schwall der vorkommenden Geschäfte nicht zureichte. Zudem wollte Hofer den Beschlüssen der Oberbehörde ein noch größeres Ansehen dadurch verschaffen, dass er unmittelbare Volksrepräsentanten den Sitzungen mit entscheidenden Stimmen beizog. Demnach gab er dem obersten Landeskollegium eine neue Gestalt, ernannte 6 Referenten, einen für das Stiftungs- und Studienwesen, einen für die Finanzgegenstände, einen für die in die Sphäre der Justiz eingreifenden Geschäfte und 3 Referenten für alle übrigen Angelegenheiten der 3 Kreiskommissariate, ferner 6 Nationalrepräsentanten, 2 aus jedem Kreise. Er behielt sich vor, selbst, oder durch Kommissäre den Sitzungen beizuwohnen, um von den Verhandlungen und Beschlüssen Kenntnis zu nehmen. Dagegen stand die Leitung der Landesverteidigung dem Oberkommando ausschließlich zu 8).

Die Sitzungen der General-Landesadministration wurden in der Hofburg gehalten, am 1. September begonnen und alle Diensttage und Freitage jeder Woche fortgesetzt. Die letzte war den 21. Oktober. — An die Stelle des nach München abgegangenen Kreisrates Benz kam der Kreisrath v. Röggla als funktionierender Generalkommissär des Innkreises. In Brizen war der Finanzdirektor von Tschiderer zugleich General-Kreiskommissär; aber in Trimt fehlten die meisten Beamten des Generalkommissariates, der Finanzdirektion und des Appellationsgerichtes.

Die Unterbehörden wurden von der General-Landesadministration überall provisorisch bestellt und es war ein seltener Fall, dass Hofer den Gerichtsausschüssen die Wahl und Bestellung der Obrigkeit gestattete. Ein solcher ergab sich, als die Besetzung des Landgerichtes Rattenberg geschehen sollte und Hofer von dem Major Margreither darum angegangen wurde. Darauf erwiderte er ihm, „dass der Ausschuss, oder wen es betrifft, also gleich eine Obrigkeit zu wählen und provisorisch anzustellen habe, wo sodann derjenige, auf welchen die Wahl fällt und das Volk das Zutrauen zeigt, das Amt ohne weiteres anzunehmen hiermit angewiesen wird." 9)

Erst im Oktober wurde Hofer gegen die Dienstbesetzungen der General-Landesadministration misstrauisch gemacht und bestimmt, sich die Bestätigung jeder neuen Anstellung vorzubehalten, indem er in dem hierüber erlassenen Schreiben an die General-Landesadministration eigenhändig hinzufügte, es sei nie gemeint gewesen, dass er um die Besetzung der Obrigkeiten und anderer Beamten gar nichts wissen sollte, weil wohl gar schlecht denkende Männer provisorisch angestellt werden könnten 10).
Übrigens hatte die General-Landesadministration die Vorsicht und zweckmäßige Anstalt getroffen, dass jeder Ortsbehörde zwei oder auch mehrere Gemeindemänner an die Seite gestellt wurden, welche alle Hindernisse der Amtswirksamkeit abwehren und besonders für die unweigerliche Zahlung der Gefälle wirken mussten.

§. 6. Ohne Geldmittel konnte das Land weder verwaltet noch verteidiget werden. Diese herbeizuschaffen, war für den Oberkommandanten die wichtigste Angelegenheit und für die General-Landesadministration die schwerste Aufgabe. Dem Sandwirt war als Wein- und Branntweinhändler recht gut bekannt, dass in Tirol der Aufschlag auf Wein, Branntwein und Essig eine der besten Geldquellen sei. Daher war die erste seiner finanziellen Verordnungen jene zur Entrichtung dieses Aufschlages bei den hierzu bestimmten Stationen Kollmann, Töll und St. Martin in Passeier. Indessen mäßigte er die Auflage vom Wiener Eimer Wein auf 48 kr. und von Branntwein auf 2 Gulden. Zugleich drang er auf die Bezahlung des Weg- und Brückengeldes nach der im Iahre 1805 bestandenen Vorschrift 11).

Die General-Landesadministration trug den 3 Kreiskommissariaten auf, die Zoll-, Mautauffchlags- und Weggeldämter alsogleich mit den schon vorfindigen oder mit pensionierten Beamten zu besetzen und jeder Station zur Sicherheit des Gefälles zwei fähige Bauern aus der nächsten Gemeinde beizugeben 12). Diese Verfügung ward im Eisak- und Innkreise mit dem besten Erfolge in Vollzug gesetzt; allein im Etschkreise, wo es mit den Ober- und Unterbehörden schlecht aussah, waltete hierin gar keine Ordnung. — Hofer schickte daher den Joseph Grubhofer (Siegelstecher in Hötting) als Zolleinnehmer nach Torbole und den Joseph Sandweber als solchen nach Riva und erteilte dem ersteren die Vollmacht, alle Zollämter des südlichen Tirols mit Beamten zu versehen und darüber die Aufsicht zu führen. Auch räumte er ihm die Macht ein, sich der Defensionstruppen als Exekutionsmannschaft gegen die widerspenstigen Zahler zu bedienen. Indessen wurde damit wenig ausgerichtet. Der Finanzrath v. Dordi zu Trient, welcher diese Ämter organisieren wollte, fand in seinem Unternehmen große Hindernisse, und sich veranlasst, hierwegen, sowie wegen der Anmaßungen des bekannten Steffenelli, der Kommandanten Schweigl, Torggler, Tenig und Dalponte bei der General-Landesadministration sich zu beschweren 13). Da solche Beschwerden über Eingriffe der Kommandanten in Zivil- und Kassegegenstände von mehreren Seiten einliefen, ließ Hofer zur Abstellung dieses Unfuges die ihm von der General-Landesadministration entworfene Verordnung durch den Druck bekannt machen 14).

Die Weinwirte von Meran überreichten dem Oberkommandanten das Gesuch um Bestätigung jener Summe pr. 1498 Gulden, welche sie im Jahre 1804 für den Getränkeaufschlag (Umgeld) pachtweise entrichteten, dann um Nachlass ihres bisherigen Zahlungsrückstandes, endlich um Aufhebung des — jedem Weinerzeuger zustehenden Ausschanksrechtes. Obgleich sich aber mehrere Weinwirte der dortigen Gegend in Hofer's Umgebung befanden, genehmigte er ohne weiteres den Antrag der General-Landesadministration, dieses Gesuch vollen Inhaltes zurückzuweisen 15).

Die Saumer aus dem Gerichte Passeier beschwerten sich bei Hofer, dass der Einnehmer in Gries für jedes Pferd 12 kr. Weggeld verlange und sein Bescheid lautete, dass von den Saumpferden nur die Hälfte des im Tarife von 1780 angesetzten Weggeldes, das Brückengeld jedoch ganz abzufordern für billig erachtet werde 16).

Als Hofer die Anzeige erhielt, dass das Zollamt zu St. Martin in Passeier, statt 48 kr. für den Eimer Wein 1 fl. 4 kr. abverlange, trug er der General-Landesadministration die unverzügliche Abstellung des ungesetzlichen Mehrbezuges auf 17).

Den Zoll- und Mautbezug bei dem Grenzamte Ahrn hob der Oberkommandant ganz auf, weil das salzburgische Zillertal mit Tirol in unmittelbaren Verband gesetzt worden war 18).

§. 7. Die reichste Quelle des öffentlichen Einkommens in Tirol gaben fortwährend die Bergwerksprodukte, obschon diese von der österreichischen Intendantschaft außerordentlich in Anspruch genommen worden waren. Von jenen 45,600 Zentnern Salz, welche die Intendantschaft angewiesen hatte, waren an verschiedene Parteien 35,800 Zentner ausgefolget worden. Den Rest setzte der Oberkommandant unter Beschlag und verbot der Verschleißdirektion, ohne bare Bezahlung Salz abzugeben, es wäre denn, dass jemand von ihm eine besondere Anweisung hierzu vorzeigen und übergeben würde.

Durch die der Direktion von Hormayr auf 2 Monate bewilligte Herabsetzung des Salzpreises auf 2 fl. 48 kr. für den Zentner konnte sie mit den Spekulanten leicht konkurrieren und sich wieder erholen. Sie führte pünktlich ihre Geldvorräte an die Zentralkasse zu Innsbruck ab, und so war diese in der Lage, nach Hofer's Befehl immerfort die bare Summe von 3000 fl. für ihn in Bereitschaft zu halten 18 ½ ). Um den Ertrag dieses Gefällenzweiges zu vergrößern, ward der Salzpreis durch Verordnung der General-Landesadministration wieder auf 3 fl. 20 kr. per Centne r erhöht, und es fehlte in dieser günstigen Jahreszeit nicht an Absatz 19). Die Salinenkasse hatte wöchentlich 2000 fl. an die General-Landesadministration abzuführen und den Kasse-Ausweis einzusenden.

Hofer war mit den Anweisungen auf Gratissalz sehr sparsam. Nach den Ausweisen der Verschleißdirektion wurden bis Ende September an Gratissalz nur 1810 Zentner 36 Pfund und im Oktober 1641 Zentner 90 Pfund abgegeben. Da bei dem Salzamte Hall verschiedene Gratisabgaben systemisiert waren, so wies Hofer etwa die Hälfte davon an. Der armen Gemeinde Zirl wurden auf Hofer's Empfehlung 18 Fässer Salz und dem Gericht Laudeck 20 Fässer, ferner dem Gerichte Petersberg 75 Fässer angewiesen; dagegen schlug Hofer die Bitte des Grafen von Taxis um 200 Salzfässer wegen gegenwärtigen Salzmangels ab 20) Später bewilligte der Oberkommandant 70 Zentner Salz für Schwaz und 70 für Vomp, aber erst nach vorläufiger Verteilung der unterinntalischen Sammelgelder. Beide Gemeinden hatten schon an die österreichische Intendantschaft ihre Bittschriften überreicht, aber keinen Bescheid erhalten 21).

§. 8. Um die nötige Einsicht zu erlangen, welche Geldaushilfe die übrigen Bergwerksprodukte gewähren könnten, gab Hofer dem Bergdirektorate die Weisung, eine Spezifikation aller vorrätigen, bei den Werkern liegenden, ausgearbeiteten Produkte einzusenden. Zugleich aber ließ er sich verleiten, an seine Vertrauten zur Untersuchung der montanistischen Werker Vollmachten zu erteilen, welche diese missbrauchten, indem sie nicht nur Geld, sondern auch Produkte wegnahmen oder mit Beschlag belegten. Auch geheime Anzeigen über derlei Vorräte gelangten an den Oberkommandanten mit der Aufforderung, darüber alsogleich zu verfügen. So z. B. machte ihm der Kapuziner Joachim Haspinger, insgemein der Rotbart genannt, die Anzeige, dass in Jochberg 180 Zentner Kupfer liegen, welche verkauft oder zu Geld geprägt werden sollten 22).

Das Bergdirektorat richtete den abgeforderten Bericht an die General-Landesadministration und stellte vor, dass sämtliche Werker in der größten Aufliegenheit sich befinden und einer Geldunterstützung von wenigstens 80,000 fl. bedürfen, eine Summe, welche aus allen verschleißbaren Produkten kaum erlöst werden könnte, nun aber um so minder zu erreichen wäre, als nach den eingelaufenen Berichten die meisten Produkte teils mit Beschlag belegt, teils weggeführt und noch überdies die beeideten Werksbeamten unter Oberaufseher aus den Gemeinden gestellt worden seien. Nach diesem kläglichen Berichte erlitt das Bergwesen bloß durch den Brand in Schwaz an Proviant und Werksmaterialien einen Verlust von 34,000 fl.; ferner mussten an die österreichische Intendantschaft an Silber, Messing und Kupfer bei 84,000 fl. abgegeben werden, und der Schaden, der dadurch entstand, dass am 11. und 12. April in Hall das Eisenlager nebst Geld und Proviant weggenommen wurde, belief sich auf 6000 fl.

Anstatt also von dem Bergdirektorate einige Geldhilfe zu erhalten, musste dasselbe mit der allerdringendst erbetenen Geldsumme von 20,000 Gulden unterstützt werden, und diese wurde ihm von der General-Landesadministration bei den Handelsleuten Habtmann, Kapferer und Mayr angewiesen, mit welchen man einen Messingverkauf von 295 Zentnern für 30,000 Gulden nach den gewöhnlichen Kurrentpreisen, jedoch mit 10 Prozent Rabatt abgeschlossen hatte 25).

Kurz darauf zeigte das Bergdirektorat an, dass der Schützenhauptmann von Thaur, Franz Ram, bei der Verwesung Kastengstatt 100 fl. an Geld, und 2304 fl. 47 kr. an Eisen und Stahl, mit Berufung auf Hofer's Vollmacht, erhoben habe. Dem Berichte lag eine Abschrift des Empfangscheines und der Vollmacht bei. Dieser gemäß war Ram von Hofer beauftragt, sich unverzüglich nach Brixlegg und Achenrain, nach Haidach, nach Kiefer und Pillersee, endlich nach Jenbach zu begeben, um alles Silber, Kupfer und Eisen, sowohl bearbeitetes als rohes aufzunehmen, alles vorhandene Geld gegen Quittung abzufordern und überall Kommissäre hinzusetzen, kurz alles nach seinem Gutdünken zu verordnen 24).

§. 9. Zu Brixlegg fand Ram an dem eben so rechtschaffenen, als geschickten Oberhüttenverwalter Anton von Jenner kräftigen Widerstand, weswegen er sich beim Oberkommandanten beschwerte, der aber diese Beschwerde an die General-Landesadministration leitete. Das Bergdirektorat schickte die Verantwortung des Oberhüttenverwalters ein und stellte vor, wie unvernünftig Ram den Bindermeister Joseph Weinold zur Leitung des wichtigen Hüttenamtes Brixlegg bestellt und wie töricht er zwei eiserne Kanonen abverlangt habe, da doch die aus zwei Öffnungen des Getreidkastens hervorragenden Röhre bloß von Thon wären 25). Zu Jenbach hatte Ram zwar auch den Stand der Vorräte untersucht, doch nichts weggenommen, und nur die Bezahlung des Konto über seine mit dem Kommandanten Speckbacher gemachte Verzehrung pr. 9 fl. 30 kr. beim dortigen Eisenschmelzamte angewiesen 26).

Das Werk Pillersee war schon früher auf Speckbacher's Befehl untersucht und dessen Vorrät an Flammenblatten von 21,411 Pfund zur Wegnahme und Veräußerung angetragen worden; allein auf Einschreiten des Bergdirektorats kam es davon ab 27). Dagegen ward der Verkauf des in Jochberg befindlichen Kupfers von der General-Landesadministration bereits dekretiert, jedoch auf Vorstellung des Bergdirektorats, dass das Kupfer zum Betriebe der Messingfabrik in Achenrain notwendig sei, wieder zurückgenommen. Überhaupt wurde die Veräußerung der von der Direktion ausgewiesenen Vorräte vor der Hand ganz eingestellt 28). Nur der mit dem Handelsmann Matthias Ettel geschlossene Verkauf von 33 Zentner Tafelmessing erhielt gegen einen Rabatt von 5 Prozent die Genehmigung der General-Landesadministration 29).

Zu Kössen hatte der Schützenhauptmann Ram 25 Zentner Rosettenkupfer in Empfang genommen. Der Oberkommandant, den hiervon die General-Landesadministration in Kenntnis gesetzt hatte, erklärte, dass Franz Ram von ihm keinen andern Auftrag erhalten habe, als in den Werkern nachzusehen, nicht etwa Eisen oder Kupfer wegzunehmen und zu verkaufen, weswegen die Vorkehrung zu treffen sei, dass die 25 Zentner Kupfer dem Bergdirektorate sogleich zurückgestellt werden 30).

Auf jene 27 Colli Messingwaren. im Gewichte 17,698 Pfund, welche Alois von Wörndle, Adjutant des Oberkommandanten, ohne dessen Bewilligung zu Innichen an sich zog, wurde von der General-Landesadministration sogleich Beschlag gelegt. Diese Messingpartie, welche von Wörndle durch wiederholte Vorstellungen und Kunstgriffe in Anspruch nahm, ließ der Oberkommandant in Brixen öffentlich versteigern und den Erlös zur Zentralkasse einsenden. Indessen verwendete sich die General-Landesadministration bei dem Oberkommando, dass die Geldrimesse dem Bergdirektorate zukam 31).

Die Gemeinde Primör, welche, von Feinden umringt, an allem Mangel litt, schickte eine Deputation an Hofer mit der Bitte, die bei dem Eisenwerke des Grafen von Welsberg vorrätigen 1500 Zentner Eisen verwenden zu dürfen, indem die ganze Gemeinde sich verbindlich erklärte, unter Verpfändung ihres ganzen Vermögens innerhalb eines Jahres die Bezahlung dafür zu leisten. Der Oberkommandant gab dieses Gesuch an die General-Landesadministration mit der Meinung, dass die Gemeinde Primör zwar Unterstützung verdiene, allein das Privateigentum des Grafen Welsberg respektiert werden müsse 32).

§. 10. Die Kommandanten und sogenannten Defensionskommissäre forderten aller Orten die Berg- und Hüttenarbeiter teils zu Schanzbauten, teils zum Ausrücken in Kompagnien auf, wodurch bei vielen Werken ein völliger Stillstand hätte eintreten müssen. Um dies zu verhüten, nahm sich das Bergdirektorat seiner Leute nachdrücklichst an und bewirkte die Verordnung des Oberkommandanten, welche die Berg- und Salinenarbeiter vor der Hand bei Sturmaufgeboten vom Auszuge befreite und allen Berg- und Hüttenämtern die nötige Zahl Arbeiter sicherte 33).

Um aus den Bergwerksprodukten doch einigen Vorteil zu ziehen, suchte Hofer die von der österreichischen Intendantschaft angefangene Ausprägung der Silberzwanziger nicht nur fortzuführen, sondern auch Kupfermünzen ausprägen zu lassen. Da nun die Bayern die Prägestöcke der Zwanziger mit sich genommen hatten, gab er dem Münzamte zu Hall die Weisung, durch den Siegelstecher Joseph Grubhofer ein neues Gepräge nach der hierzu mitgeteilten Zeichnung verfertigen zu lassen. Diese Zeichnung stellte auf einer Seite den Tiroler Adler mit der Umschrift: „Tiroler Landmünze" und auf der andern das Bild der unbefleckten Jungfrau mit der Unterschrift: „Für Gott und Vaterland" vor. Das Münzamt erhob dagegen mehrere Bedenken und war der Meinung, dass bei den Zwanzigern das frühere Gepräge beibehalten und wieder von dem Uhrmacher Joseph Beyrer gestochen werden sollte. Demselben wäre auch das Gepräge für die Kupferkreuzer anzuvertrauen und hierbei auf einer Seite der tirolische Adler mit der Umschrift: „Gefürstete Grafschaft Tirol“ und auf der Gegenseite: „Ein Kreuzer Landmünze" zu setzen. Dieser Antrag wurde von der General-Landesadministration genehmigt und das Bergdirektorat zur Lieferung des Materials beauftragt 34). Durch die Ausprägung der Kupferkreuzer, welche bis zur Summe von 30,000 Gulden gemacht werden sollte, erhielt das Münzamt die Geldmittel, Privatsilber einzulösen; um jedoch die Silberlieferanten mit Konventionsmünze befriedigen zu können, hatte die Salinenkasse die wöchentlichen 2000 Gulden mit einem Vierteil in neuen Kupferkreuzern abzuführen und dem Münzamte dafür Silbersorten zu geben.

§. 11. Bei der General-Landesadministration häuften sich die Bittschriften um Bezahlung der Besoldungen, Pensionen, Provisionen, Kapitalszinsen und verschiedener Verwaltungskosten, der Stiftungsbedürfnisse, dann der Auslagen für das große Militärspital zu Neustift bei Brixen und für das Zuchthaus mit jeder Sitzung immer mehr. Man musste daher alle Mittel und Wege versuchen, das öffentliche Einkommen zu vergrößern. Zu dem Ende erhielten sämtliche Gefällenbehörden und Ämter von der General-Landesadministration die gemessensten Aufträge, die Steuern und übrigen Staatsabgaben auf das Nachdrücklichste einzufordern, und als dies nur einen geringen Erfolg hatte, erließ der Oberkommandant sowohl zur Bezahlung der ordentlichen Abgaben, als zur Abfuhr des gezwungenen Anleihens neuerdings die strengsten Befehle 35).

Überdies ward bei der General-Landesadministration schon früher der Schluss gefasst, die Personalklassensteuer nach dem modifizierten Patente vom Jahre 1800 einzuführen " 35 ½ ). Einige Gerichte wollten diese landschaftlichen Steuern zur Bestreitung des Gerichtsbedarfs und Zahlung der rückständigen Löhnungen an die Landesverteidiger zurückbehalten; allein Hofer setzte diesem Vorhaben sein ausdrückliches Verbot entgegen und verlangte, dass die Gerichte durch Vorlegung ihrer Rechnungen die Befriedigung bei der Oberkommandantschaft ansuchen sollen 36).

Ein großes Hindernis zur Entrichtung der öffentlichen und Privatforderungen lag in dem Währungszuschlage, den man im ganzen Lande nicht nur als drückend, sondern auch als ungerecht ansah. Allein die Aufhebung dieser Last fand bei der General-Landesadministration vorzüglich von Seite des Justizreferenten den heftigsten Widerspruch. Indessen gab die allgemeine Stockung des Handels und Wandels und die dadurch herbeigeführte Verkümmerung des Unterhaltes so vieler Familien den Ausschlag und bestimmte den Oberkommandanten, den Währungszuschlag sowohl bei den Gerichtstaxen und Sporteln, als bei den Kapitals-, Pacht-, Grund- und andern Zinsen, sie mochten an den Staat oder an Private zu entrichten sein, provisorisch zu erlassen. Eben so fiel bei den aufgekündeten oder sonst fälligen Kapitalien die Bezahlung des Zuschlags weg, und es ward den Gerichten untersagt, dermal auf den Währungszuschlag zu erkennen oder die Exekution zu erteilen 37). Man war, wie leicht begreiflich, nicht im Stande, die Zinsen der Landesschuld zu bezahlen. Um aber den Gläubigern doch eine Erleichterung zu verschaffen, traf die General-Landesadministration die Verfügung, dass die Zahlung öffentlicher Kaufschillingsraten und der Steuern zur Hälfte mit liquidierten Zinsquittungen öffentlicher Fondskapitalien geschehen konnte 37 ½ ).

Verschiedene Gemeinden und Gerichte, welche kein Vermögen hatten, ihre Ausgaben und besonders die Defensionskosten zu bestreiten, erbaten sich vom Oberkommandanten die Bewilligung, entweder gezwungene Anleihen aufzunehmen, oder einige Termine Dominikalsteuer einzutreiben. Hofer erledigte diese Gesuche immer selbst und erteilte z. B. der Gemeinde Imst die Bewilligung zu dem forcierten Anleihen von 8000 Gulden, sowie dem Gerichte Glurns und Mals die Behebung von drei Dominikalsteuerterminen 38). In der Stadt Trient schrieb der Magistrat ohne alle Anfrage mehrere gezwungene Darleihen aus und erhob auch noch eine Kopfsteuer.

§. 12. Das Felsenland Tirol hatte sich auch in seinen blühendsten Perioden nie eines Nationalreichtumes zu erfreuen. Wenn man nun die grässlichen Verwüstungen, welche im Jahre 1809 über das Land kamen, in Betrachtung zieht; so kann man sich nicht genug darüber verwundern, dass Hofer doch so viele Geldmittel aufzubringen vermochte, als unumgänglich nötig waren, um die ordentliche Verwaltung der Provinz in allen Zweigen fortführen und die kostspieligen Anstalten zur Verteidigung derselben bestreiten zu können. Mussten übrigens auch viele Gesuche um Zahlung verschiedener Rückstände zur Geduld verwiesen werden; so war man doch immerhin im Stande, allen dringenderen öffentlichen und Privatbedürfnissen abzuhelfen, während unter der österreichischen Intendantschaft, welche dem Lande ungeheure Summen entzog, die innere Landesverwaltung bereits aller Hilfe ermangelte und nur durch die Negozierung des freiwilligen Darleihens einige Erleichterungen erhielt.

Das wirksamste Mittel, wodurch Hofer seinen finanziellen Verordnungen beim Volke Eingang verschaffte, bestand darin, dass er ihre Befolgung nicht nur als Gewissenspflicht darstellte, sondern auch in allen Gemütern die Gefühle der Religion, der Vaterlandsliebe und Anhänglichkeit an das angestammte Haus Österreich zu entflammen suchte. — Ungemein rührend ist die im Druck verbreitete Anrede, welche Hofer an die „Hochwürdigen Seelsorger in Tirol" richtete, und wodurch er sie feierlichst aufforderte und bat, „die öffentlichen Gebete eben so, wie die Danksagungen zu verstärken — und besonders mit angestrengten Bemühungen sich dahin zu verwenden, dass im Vaterlande die Hindernisse des Guten geschwächt und gehoben, die Gefahren für die „christliche Religion und Tugend nach Möglichkeit entfernt, die Anhänglichkeit an Religion und Tugend belebet und in allem das „wahre gemeine Beste gefördert werde." 39)

Hofer gab im Gelingen aller seiner Unternehmungen Gott allein die Ehre und erwartete nur von der göttlichen Hilfe durch die Fürbitte der gnadenvollen Jungfrau, welche Tirol in allen früheren Kriegen erfuhr, das Heil und die Rettung des Vaterlandes. Aber das ganze Volk sollte sich durch rastlose Anwendung seiner Kräfte, wie durch Sittlichkeit und Vertrauen auf Gott des Segens und Beistandes des Himmels würdig machen. Diese erhabenen Gesinnungen, welche Hofer bei jeder Gelegenheit äußerte, entquollen seinem reinen Herzen und mussten wieder in die Herzen dringen, wenn diese von den Seelsorgern, an welchen das Volk mit ganzer Seele hing, gehörig bearbeitet wurden. — Zur Danksagung für die wunderbarliche Rettung von dem alles verheerenden Feinde ordnete er eine zehntägige Andacht vor dem ausgesetzten allerhöchsten Gute mit passender Kanzelrede und feierlichem Te Deum an 40).

Er drang nachdrücklichst darauf, dass man „Gottes Vaterhuld „durch wahre Gegenliebe, durch auferbaulichen und frommen Lebenswandel. durch aufrichtige und wahre Liebe des Nächsten zu erlangen sich bestreben, also auch Hass und Neid und Raubsucht und alles Lästerhafte verbannen, dem Vorgesetzten Gehorsam und dem bedrängten Mitbürger alle mögliche Hilfe leisten, überhaupt aber alle Ärgernisse vermeiden solle." 41).

Um dem Verderbnis der Sitten zu steuern, gestattete Hofer weder Bälle, noch Tanzmusik, außer bei Hochzeiten, verbot während des Gottesdienstes den Besuch der Schenken und Gasthäuser, schärfte die Beobachtung der Polizeistunden ein und bestrafte das nächtliche Herumschwärmen. Auch gegen Lüstlinge und Verführer der Weibspersonen, welche ihr Lasterleben auf fremde Kosten zu treiben pflegen, erließ er eine heilsame Verfügung 42).

Den Käufern oder Besitzern jener Gegenstände, welche von dem königlich bayerischen Militär geraubt oder den armen — ehevor verunglückten Bewohnern Tirols abgenommen worden waren, trug er unter Bedrohung empfindlicher Strafe auf, diese Sachen binnen 8 Tagen in die Hofburg abzuliefern 43). — Wahrlich, das unglückliche Land Tirol konnte noch vom größten Glücke sprechen, einen solchen Biedermann als Oberhaupt zu besitzen! —

§. 13. Eine ganz natürliche Erscheinung von Hofer's Charakter war es, dass er die religiösen Anstalten möglichst zu unterstützen suchte und der Geistlichkeit sein vorzügliches Vertrauen schenkte. Diese machte davon auch Gebrauch, allein manchmal selbst solche Gegenstände unter Hofer anhängig, deren Durchsetzung durchaus nicht zeitgemäß war.

Die k. b. Regierung hatte das Priesterhaus zu Brixen mit dem ganzen Vermögen desselben dem Fürstbischofe weggenommen und an sich gezogen. Das Gebäude wurde zu Kanzleien verwendet und eine weltliche Vermögens-Administration aufgestellt, welche sich dabei sehr willkürlich und zum Nachteil der Anstalt benahm. Die bei der österreichischen Intendantschaft überreichte Vorstellung des Fürstbischofes wegen Zurückstellung des Seminars war unerledigt geblieben. Nun steckte man sich hinter Bauern, an deren Spitze der Unterkommandant Peter Mayr, Gastwirt in der Mahr, sich befand. Diese übergaben dem „Wohl Edlen Hochgeehrten Herrn Oberkommandanten" in dieser Angelegenheit ein dringendes Gesuch, welches zwar schon Ende Augusts unterfertiget war, allein ohne Zweifel dem Hofer selbst in Brixen behändiget wurde, wohin er mit dem Gespann von vier Schimmeln und einem größeren Gefolge in den ersten Tagen Septembers kam. Nachdem er bei dem dortigen Platzkommandanten Martin Schenk, Gastwirt zum goldenen Kreuz, abgestiegen, begab er sich zuerst in die Domkirche und hierauf zum Fürstbischofe, wo die Sache des Seminars zur Sprache kam, und noch in Brixen erließ Hofer den Befehl, dass das Seminarialgebaude binnen dreimal 24 Stunden von dem Generalkommissariat und den übrigen Kreisbehörden zu räumen und dem Fürstbischofe zurückzustellen sei. Das vorerwähnte Gesuch gelangte an die General-Landesadministration mit der Weisung, sämtliche zum Priesterhaus in Brixen gehörigen Güter und Einkünfte an den fürstbischöflichen Administrator, Priester Norz, zu extradieren, was von Seite der Stiftungsadministration mit Anfertigung des Verzeichnisses ohne Verzug befolgt wurde 44).

In Bozen hob der Oberkommandant die von der k. b. Regierung eingeführte Realschule auf und setzte das früher bestandene Gymnasium wieder ein, welches, wie ehevor, die Franziskaner übernahmen. Daher machte der Magistrat von Bozen öffentlich bekannt, dass daselbst die lateinischen Schulen am 25. September ihren Anfang nehmen werden 45). Auch das Gymnasium und philosophische Studium zu Meran wurde auf Ersuchen des dortigen Magistrats und einer eigenen Deputation von Hofer wieder in's Leben gerufen und den Benediktinern von Marienberg zurückgegeben 46).

Der Fürstbischof von Brixen begnügte sich nicht mit dem zurückerhaltenen Priesterhause, sondern drang auch auf die Wiederherstellung der theologischen und philosophischen Studien zu Brixen und ersuchte den Oberkommandanten. die hierzu erforderlichen Kosten beim Rentamte flüssig zu machen 47). Hofer hatte auch schon dem Rentamte Brixen, ohne alle vorläufige Rückfrage, den Auftrag gegeben, die drei Präbenden der verstorbenen und die drei der abwesenden Domherren von Brixen für das wieder zu errichtende Lyzeum zu verwenden 48).

§. 14. Es ward ferner die Restitution des durch die Säkularisation eingezogenen Vermögens verlangt und zugleich auf eine ganz neue Besetzung aller Lehrkanzeln nicht nur zu Brixen, sondern auch an der Universität, an dem Gymnasium, an den deutschen Schulen zu Innsbruck der Antrag und Personalvorschlag gemacht. Hofer vernahm hierüber die General-Landesadministration, welche in einer eben so freimütigen, als ausführlichen Darlegung erklärte, dass die Anträge des Ordinariats zu Brixen durchaus solche Gegenstände betreffen, die einzig in den Wirkungskreis der Majestätsrechte gehören, dass demnach die General-Landesadministration, ohne den landesfürstlichen Rechten, zu deren Aufrechthaltung sie verpflichtet sei. zu nahe zu treten, sich in die Vorschläge des Ordinariats nicht einlassen könne und eben so wenig der Oberkommandantschaft die Entscheidung darüber zustehe 49).

In dem sehr merkwürdigen Reskripte des Oberkommandanten wurde vor Allem die außerordentliche Lage Tirols als Grund angegeben, dass man die außerordentlichen Mittel der Selbsthilfe und Selbstverteidigung müsse eintreten lassen, und so wie er ohne allen Widerspruch oder irgend eine erhobene Bedenklichkeit die General-Landesadministration als oberste Behörde konstituiert habe, so könne man ihn auch nicht hindern, andere notwendige Maßregeln der inneren Verwaltung zu treffen. Zudem „rechne die Oberkommandantschaft darauf, dass Seine Majestät „der Kaiser von Österreich die Gewaltschritte der nun erloschenen bayerischen Regierung um so weniger als einen Zuwachs landesherrlicher Rechte je ansehen werde, je deutlicher derselben Missbilligung von Seite Österreichs ausgedrückt worden ist." Seine Majestät der Kaiser Franz werde die Wiederherstellung einiger Lehranstalten zuverlässig genehmigen, da diese schon unter Österreich bestanden und nur von Bayern abgewürdiget wurden. Hiernach bestätigte der Oberkommandant:

Erstens den Vorschlag des Ordinariats Brixen über die Herstellung des Lyzeums und Gymnasiums mit dem dafür bezeichneten Personale der Professoren, verlieh dem Professor Alois von Söll das erledigte Kanonikat in ambitu und zog die Einkünfte der drei Kanonikate, welche bisher die abwesenden Domherren, Graf von Lodron, Freiherr von Rechberg und Graf Joseph von Wolkenstein genossen, provisorisch in den Brizener Studienfond ein.

Zweitens verordnete der Oberkommandant: „Da die hiesigen Lehranstalten, besonders die Universität, je länger, je mehr beim Oberhirten, beim Klerus und beim Volke in Misskredit gekommen und so manche vom Lehrpersonale in Betreff ihrer Religionsgrundsätze, ihrer Lehren, ihres Benehmens gegen die Kirche etc. und zum Teil auch in Betreff ihrer Sittlichkeit den notwendigen guten Ruf bei der tirolischen Nation verloren haben, so zwar, dass die Sicherung der allgemeinen Ruhe und das Beste der Lehranstalten, welche nicht von übel berüchtigten Lehrern besetzt sein dürfen, die Entfernung der Professoren Bertoldi und Spechtenhauser und späterhin anderer Professoren notwendig machten; so kann die Oberkommandantschaft nicht umhin, darauf zu bestehen, dass solche Individuen an den hiesigen „Lehranstalten nicht mehr beizubehalten sind 50). Insbesondere war der bisherige Schuldirektor Hubel ohnehin schon vor 1805 vermöge des vom allerhöchsten Orte vorgeschriebenen Schulplanes zum Austreten und zur Anstellung in einem Büro geeignet."

Nun folgt die provisorische Ernennung der theologischen, philosophischen und Gymnasialprofessoren mit der Bemerkung, dass diese unmittelbar von der Oberkommandantschaft ausgegangen und dem Ordinariat zu Brixen schon in der ersten Hälfte Septembers vorschriftsmäßig nur zur Einsicht und Genehmigung zuschickt worden sei.

Drittens. „In Betreff der Schul- und Vorlesbücher will die Oberkommandantschaft, dass alle nicht nach dem Sinne der römisch-katholischen Kirche verfasste, alle für Religion und Sittlichkeit gefährliche Bücher entfernt zu bleiben haben und es den ernannten rechtschaffenen Professoren bis auf Weiteres frei zu lassen sei, nach einem von ihnen anzugebenden Buche oder nach eigenen Heften zu lehren." 51)

Dieses Reskript des Oberkommandanten, das ihm vom Klerus eingegeben und von einem der neu ernannten theologischen Professoren (F. N. Köck) verfasst wurde, ging, ungeachtet der allseitig hin erfolgten Eröffnung, nicht mehr in Erfüllung, weil der abgeschlossene Friede dazwischen trat. Indessen machte die General-Landesadministration an Hofer noch den Vorschlag zur Ernennung der Studiendirektoren 52).

§. 15. Von mehreren Seiten wurde der Oberkommandant angegangen, die von der bayerischen Regierung aufgehobenen Prälaturen und Kollegiatstifte etc. wieder herzustellen und ihnen das Vermögen zurückzugeben. Auch die österreichische Intendantschaft, welche in ihren Proklamationen die alte Tiroler Verfassung zurückführte, hegte dieses Vorhaben; allein es stellte sich als unausführbar dar. — Nach der Besitznahme Tirols durch die k. b. Regierung ward auf die in Österreich anliegenden Stiftungskapitalien im Betrage von 1.104,320 fl. 19 kr. und auf ihren Zinsertrag pr. 44.172 fl. 48 kr. der Beschlag angeordnet. Diesen Abgang vorschützend, hob Bayern die Prälaturen, Kollegiatstifte und mehrere Klöster auf und bildete den Stiftungsfond.

Nachdem Österreich im April 1809 von Tirol Besitz genommen hatte, wurde den Gemeinden, nach dem einstimmigen Verlangen, die Vermögensverwaltung ihrer Kirchen und Spitäler zurückgegeben und nur das Vermögen der Prälaturen, Kollegiatstifte und Klöster blieb noch dem Studienfond vorbehalten. — Die Schwazer Kreditskasse- und Landschaftszinsen warfen für den Stiftungsfond die jährliche Summe von 78,560 fl. 47 kr. ab; allein dieses Einkommen war seit einem halben Jahre nicht mehr flüssig. Zudem wurde von den Stiftungskassen an das Ärar der bedeutende Vorstand von 38,118 fl. 9 kr. abgeführt und nicht mehr zurückersetzt. Sollte demnach den Prälaturen und Kollegiatstiften etc. das Vermögen ausgefolgt werden, so mussten alle Studienanstalten aus Mangel der Bedeckung in Stillstand geraten 53). Dies erkannten die Prälaten und Stiftsvorsteher sehr wohl und darum begnügten sie sich, dass ihnen vor der Hand nur die Einsicht in die Verwaltung ihres Vermögens gestattet, wurde 54). — Die Frauen vom Orden der heiligen Klara zu Brixen und vom heiligen Benedikt zu Säben wurden, sowie die Bruderschaften in den Besitz ihres Vermögens gesetzt.

Bayern hatte den Fürstbischof von Chur aus dem Lande vertrieben und seine Güter in Tirol an sich gezogen, auch jene Stiftspriester, welche dem Fürstbischofe anhingen, damit bestraft, dass diesen nur die kleine Pension von 182 fl. 30 kr. angewiesen wurde. Auf Vorstellung der Prälaten von Stams und Marienberg erhielten sie unter Hofer die volle Pension von 300 fl. 55). — Der Intendant Freiherr von Hormayr dekretierte auf seiner Flucht durch Vinschgau im Mai zu Mals die Rückgabe des Fürstenburgischen Urbars samt Schloss und Zugehörden an den Fürstbischof in Chur, ohne Zweifel, um sich für den Fall dessen Gunst zu erwerben, wenn ihn sein Geschick in die Schweiz führen würde. Im Juni darauf machte der fürstbischöfliche Bevollmächtigte und Rentbeamte Freiherr v. Mont deßhalb eine Vorstellung bei der österreichischen Intendantschaft und erhielt den Bescheid, dass vom 1. Juli angefangen dem Fürstbischofe von Chur die Urbarsgefälle zu verrechnen kommen. Auch erteilte der Intendant etwas später die schriftliche Zusicherung, dass die k. k. Finanzdirektionen des Inn- und Eisackkreises unter einem zur ordnungsmäßigen Extraditions-Verfügung angewiesen werden. Allein die Anweisung unterblieb, wie so viel anderes, was der Intendant zugesichert hatte.

Diese Angelegenheit ward in der Folge an die provisorische General-Landesadministration geleitet und der Oberkommandantschaft zur Entscheidung, jedoch mit der Bemerkung vorgelegt, dass nicht die k. b. Regierung, sondern schon die österreichische in Folge der durch den Reichsdeputationsabschluss eingetretenen Säkularisation, das Urbar des Fürstbischofes von Chur samt Schloss und Gütern inkameriert habe 56). Hofer erwiderte hierauf, dass es bei dem Dekrete der österreichischen Intendantschaft, wodurch die Rückstellung des Vermögens an den Fürstbischof von Chur ausgesprochen wurde, um so mehr sein Verbleiben habe, „als der Intendant sich bei Erlassung desselben ausdrücklich auf die gemessensten allerhöchsten Befehle berufen, somit jede frühere Inkamerierung, sei sie unter was immer für einem Titel erfolgt, sehr natürlich wieder aufgehoben habe." 57)

Das ausländische Frauenstift Münster im Tale Taufers überreichte ebenfalls ein Gesuch um Zurückstellung seines in Tirol befindlichen inkamerierten Vermögens und es wurden auch hierüber die Verhandlungen gepflogen. Dagegen verwies Hofer die Bitten der Exnonnen von Meran und Steinach auf die Ankunft des Landeskommissärs von Roschmann 57 ½ ).

§. 16. Von Justizgegenständen kam unter der Hoferschen Verwaltung wenig vor, am wenigsten von Verbrechen, welche nur von dem fremden Raub- und Banditengesindel an den wälschen Konsinen verübt wurden, während im übrigen Lande so zu sagen keine vorfielen.

Wir erwähnen hier vorläufig einiges über bürgerliche Rechtssachen. Der Handelsmann Christian August Reuß in Stuttgart hatte bei dem Bergdirektorate in Hall Messing bestellt und durch Übersendung eines Wechsels von 1600 fl. eine Abschlagszahlung geleistet. Das Messing wurde in drei Fässchen verpackt und zur Versendung übergeben. Diese Fässchen fielen im April den Bauern in die Hände, wurden vom Pfleggerichte Rottenburg am Inn in Verwahr genommen, später aber nach Innsbruck gebracht und im dortigen Mautgebäude niedergelegt. Man war im Begriffe, das Messing zu verkaufen, als das Bergdirektorat davon Kenntnis erhielt, um Freigebung der 3 Fässchen Messing bei der General-Landesadministration einschritt und diese ohne Anstand vom Oberkommando erlangte 58).

Der Stadtmagistrat zu Bozen suchte gegen seine Gläubiger um den Stillstand (Moratorium) der Kapitals- und Zinszahlungen an. Rücksichtlich der über 273,000 fl. sich belaufenden, größten Teils frommen Orten schuldigen Kapitalien wurde das Moratorium bewilligt, aber rücksichtlich des Zinsausstandes von mehr als 37,500 fl. abgeschlagen, weil die reiche Stadt Bozen noch nichts vom Feinde gelitten hatte.

Von dem Landgerichte Meran war in der Konkurssache des Matthias Tappeiner die Versteigerung einer Wiese auf den 10. August angeordnet worden, an welchem Tage de Kompagnie von Partschins bei Sterzing kämpfte. Simon Mayr war absichtlich zu Hause geblieben, erschien fast allein bei der Versteigerungs-Tagsatzung und erstand die Wiese um 600 fl., welche der Kridatar für 1300 fl. (B.-Z.) an sich gebracht hatte. Der Konkursmasseverwalter, Balthasar Gerber, welcher mit den übrigen kauflustigen Bauern in Verteidigung des Vaterlandes abwesend war, trug bei dem Oberkommando auf die Kassierung des Versteigerungsvorganges an und übergab das Gesuch dem Hofer selbst, als dieser nach Meran gekommen war. — Hofer unterzeichnete im Gesuche seinen Namen und leitete dasselbe an die General-Landesadministration, welche darüber vom Landgerichte Meran standhaften Bericht forderte. In der Zwischenzeit schickte der Bittsteller ein Duplikat seines Gesuches an Hofer, auf dem schon der Bescheid gesetzt war, wonach die Versteigerung für nichtig erklärt und eine neue auszuschreiben befohlen wurde. Hofer ward gebeten, diesem Bescheide seinen Namen zu unterschreiben. Er tat es nicht, und die General-Landesadministration, durch den Bericht des Landgerichts vollkommen beruhigt, erledigte den Rekurs mit der Motivierung, „dass die Aufhebung eines geschlossenen Justizgeschäftes außer dem Wirkungskreise der k. k. Oberkommandantschaft und General-Landesadministration liege, welche Rechte zu handhaben und nicht durch Machtsprüche zu vernichten sich berufen halten müßten." 59)

Nur einmal ließ sich Hofer verleiten, ein richterliches Urteil zu kassieren; als ihm jedoch sein Unrecht vorgestellt worden, hob er seine Entscheidung wieder selbst auf und setzte alles in den vorigen Stand zurück.

Priester Benedikt Zandl, Vikariatsprovisor zu Kössen, bat die Oberkommandantschaft, dass ihm die noch übrigen Mobilien des ehemaligen Vikars in Kössen um den Anschlagspreis überlassen werden möchten. Obgleich nun der verdiente Kommandant Wintersteller dieses Gesuch kräftigst unterstützte, übertrug Hofer die Erledigung desselben lediglich der General-Landesadministration, welche den Bittsteller an die gesetzliche Ordnung wies.

§. 17. Der ehemalige k. b. Kreishauptmann Max Joseph Graf von Nyß wurde des Verbrechens der Veruntreuung schuldig erkannt und durch zwei Instanzen zu 15jährigem schweren Kerker verurteilt. Die im November 1808 nach München geschickten Untersuchungsakten kamen im April 1809 mit dem höchsten Auftrage zurück, dass das Appellationsurteil dem Inquisiten anzukünden, ihm hierüber der Rekurs an das Oberappellationsgericht offen zu lassen, ferner auch der Spruch des Oberappellationsgerichtes nicht gleich zu vollstrecken, sondern nach Vorlegung sämtlicher Akten vorerst die allerhöchste Entscheidung Seiner Majestät abzuwarten sei. Graf Nyß hatte nun zwar den Rekurs an das Oberappellationsgericht angemeldet, allein die Akten konnten dahin nicht übersendet werden, da alle Verbindung mit München aufgehoben war. Er überreichte daher an die k. k. Oberkommandantschaft die Bitte, dass man ihn samt den Untersuchungsakten an das nächstgelegene k. b. Landgericht Garmisch ausliefern möchte, damit das Strafhaus, in welchem er verwahrt werde, der Last seiner Verpflegung enthoben würde.

Dieses Gesuch ward der General-Landesadministration zugefertigt und dahin verbeschieden, dass Bittsteller seines Arrestes entlassen und nach Bayern abgeführt werde, woferne er selbst oder durch seine Verwandten die veruntreute Summe werde ersetzt haben 60).

Der ehemalige Landrichter von Sterzing, Dr. Regulati, wurde von der österreichischen Intendantschaft Anfangs Mai seines Dienstes enthoben und nach Brixen abgeführt. Seine wiederholten Bitten um Untersuchung oder Freilassung blieben unerledigt, bis er unter Hofer, der sein dringendes Gesuch der General-Landesadministration zur Beherzigung empfahl, Ende September die Freiheit erhielt 61).

Der ausgezeichnete Franz Gasser, Hauptmann der Bozener Standesschützenkompagnie, hatte Hofer als Oberkommandanten nicht anerkannt, sondern ihm unter beleidigenden Äußerungen den Gehorsam verweigert. Er ward verhaftet und verhört. Hofer übergab die Untersuchungsakten der General-Landesadministration, welche Gasser's Benehmen einem Missverständnisse zuschrieb und auf dessen Entlassung einriet. Hofer verlangte von Gasser eine Abbitte, welche dieser schriftlich und mit Anbietung seiner Dienste machte, worauf er freigelassen wurde 62).

Gegen den Schuldirektor Hubel war Hofer sehr eingenommen; doch erhielt dieser auch als Arrestant ungeschmälert seine Besoldung 63).

Zwei Sträflinge wurden unmittelbar von Hofer begnadigt und aus dem Strafhause entlassen, und zwar ein sicherer Jakob Fonkhauser und Maria Almberger, welche an der siebenjährigen Strafzeit erst drei Jahre überstanden hatte 64).

Peter Schwaiger von Wattenberg hatte als Wildschütze einen Jäger getötet und sich hierauf in's Ausland geflüchtet. Im Jahre 1809 wagte er es, wieder nach Tirol zu kommen und sich vor dem Oberkommandanten Hofer zu stellen. Er gestand ihm sein Verbrechen, bat ihn aber fußfällig um Begnadigung. Hofer, von Mitleid gegen den Reumütigen gerührt, fand sich bewogen dem Schwaiger folgende Urkunde in Form einer offenen Ordre auszustellen:

„Mit Urkunde hat Andreas Hofer dem Peter Schwaiger von Wattenberg, der im Jahre 1805 den Jäger des Freiherrn von Lochau, weil dieser ihm die Flinte abgenommen, erschlagen hatte, seinen begangenen Fehler aus dem Grunde und weil er schon eine mehrjährige Zeit als ein Flüchtling sein Vaterland nicht mehr betreten durfte, zur k. k. Oberkommandantschaft kam, seinen Fehler bereute und um Verzeihung anhielt, nachgesehen mit der Erinnerung, sich in derlei Händel nicht mehr einzulassen und sich rechtschaffen aufzuführen." Die Urkunde ward vom k. k. Oberkommando Tirols ausgefertiget und mit Hofer's Siegel (aus dem tirolischen Adler und den Buchstaben A. H. bestehend) befestiget. Dieser Vorgang ist ersichtlich aus den Kriminalakten beim Appellationsgerichte zu Innsbruck, indem dieser Schwaiger, später in Untersuchung gezogen, das Dokument vorlegte und angab, dass er selbes von Hofer durch einen Fußfall erwirkt habe.

§. 18. Gnadengesuche aller Art liefen unzählige bei der Oberkommandantschaft ein, welche Hofer teils mit, teils ohne Empfehlung der General-Landesadministration zur Verhandlung und Erledigung zufertigte. Dahin gehören die Gesuche verunglückter Gemeinden um Sammelpatente, welche ihnen bewilligt und ausgestellt wurden. Darunter befand sich auch die Gemeinde Ampezzo, welche, wie wir im folgenden Hauptstücke erzählen werden, einen Brand„ und Plünderungsschaden von 112,681 fl. erlitt 65).

Von den Gesuchen um Gratissalz geschah schon früher Erwähnung. — Auch einzelne Verunglückte bewarben sich um die Bewilligung zur Sammlung einer milden Beisteuer, wie z. B. Johann Kleinhans, Müller in der Faggen bei Prutz, dem der Ausbruch des Faggen-Wildbaches einen Schaden von mehr als 6000 fl. verursacht hatte. Sein Gesuch gab Hofer „zur Beherzigung" an die k. k. Landesadministration 66).

Der Kurat von Weitental bat den Oberkommandanten um Verleihung der Pfarre Kaltern, „doch nur mit dem, wenn man ihn als derselben würdig und fähig erkennet." Die Bittschrift, welche von den Kommandanten Peter Mayr, Wirt in der Mahr, und Perer Kemenater, Wirt in Schabs. mitgefertiget war, schloss mit den Worten: „Das Kriegsgetümmel rufet mich wieder in das Schlachtfeld. Der gütige, allmächtige Vater schenke Ihnen und allen ferners seine väterliche Huld und wunderbaren Segen." 67)

Für das Franziskanerkonvent in Reutte schritt der Provinzial bei der Oberkommandantschaft um das bis zum Eintritte der k. b. Regierung erhaltene Almosen von 16 Yhrn Wein und 48 fl. Fuhrlohn ein, ward jedoch, nachdem das Kelleramt in Meran die Praschlet veräußert hatte, mit dem Geldäquivalent vertröstet 68).

Das Dienstgesuch des ehemaligen fürstlich Brixen'schen Hauptmanns in Buchenstein, Johann Lindner, und jenes des Buchhaltungs-Ingrossisten Martin Antner gab Hofer an die General-Landesadministration zur Bedachtnahme 69).

Hofer hat die Erledigung der an ihn gelangten Eingaben, wenn jene von ihm allein ausging, immer mittelst kurzer Indossatbescheide erlassen, die manchmal ganz originell und charakteristisch abgefasst waren. So hat er z. B. bei seiner Anwesenheit in Bozen das Gesuch eines Mannes, der unter der bayerischen Regierung Klostergüter gekauft, um Bestätigung seines Kaufkontraktes eigenhändig beschieden: „Kann nit seyn, dieweilen der bayrische Kontrakt bei mier kain Bstand hat." — Einem Bayer, der um die Bewilligung, mit Limonien vom Gardasee nach München zu handeln, anhielt, gab er den eigenhändig geschriebenen Bescheid: „Kann nit sein, dieweilen mier (wir) ins nit wölln die Läus in Belz züglen."

Aus den bereits angeführten und allen übrigen Verhandlungen, welche die innere Verwaltung des Landes betrafen und wobei uns alle von Hofer ausgegangenen — schriftlichen Erledigungen besonders merkwürdig schienen, ergibt sich von selbst die befriedigende Schlussfolgerung, dass Hofer's Augenmerk unverrückt auf das Wohl des Vaterlandes gerichtet, dass ihm Recht und Ordnung heilig und alle Willkür oder Parteilichkeit gänzlich fremd war. — Wir gehen nun auf jene Geschäfte über, deren Besorgung er ausschließlich der Oberkommandantschaft vorbehalten hatte.

Anmerkungen:

1) Im Jahre 1810 erschien zu München in der C. N. Fleischmann'schen Buchhandlung eine Druckschrift, betitelt: „Andreas Hofer und die Tiroler Insurrektion im Jahre 1809." Sie lässt Hofer's Privatcharakter volle Gerechtigkeit widerfahren und tadelt an ihm nur, dass er sich vermaß, das Oberkommando von Tirol zu führen. Allein Hofer unternahm dies nicht aus Ehrgeiz, nicht aus eigenem Antriebe, sondern nach dem lauten Wunsche des ganzen Volkes und insbesondere auf dringendes Ersuchen seiner bessern Umgebung, die ohne ein solches Haupt allen Schrecknissen der Anarchie entgegensah. Und wenn er hierzu vom Kaiser Franz auch keine schriftliche Vollmacht erhielt, so ward er doch darin durch die Übersendung der großen goldenen Medaille mit Kette bestätiget, welche Dekoration wirklich aus der Hand des Kaisers nebst 3000 Stück Spezies-Dukaten kam, keineswegs von einem andern Tiroler geliehen war, wie der Verfasser — nebst andern zahllosen Unrichtigkeiten und beweislosen Anekdoten — behauptet.
Der Fortsetzer der Geschichte der Deutschen, Dr. Dresch, fällte über Hofer ein gediegeneres Urteil Bd, 19 S. 156: „Dies war Hofer's glänzendste Periode, von der sich indessen wenig Rühmliches sagen lässt, als dass er (und auch das war in seiner Lage schon genug) die Gewalt nicht missbrauchte."
Die leidenschaftlichen Geburten der bayerischen Muse verdienen keine Erwähnung.
2) Schreiben an Domanig, ddo. Innsbruck 29. August 1809. Urk. 1.
3) Das Konzept ist vom 19. August 1809 datiert. Hiervon die Abschrift U. 2.
4) Zirkulare, ddo. Innsbruck 19. August 1809. U. 3.
5) Gedruckte Kundmachung, ddo. Innsbruck 23. August 1809. U. 4.
6) „Geschehen in der Hofburg zu Innsbruck am 28. August 1809. Von dem Herrn Präses der provisorischen General-Landesadministration in Tirol, Joseph Freiherrn von Reinhart, und Herrn Vizepräses Joseph von Trentinaglia etc." U. 5.
7) Kundmachung, ddo. Innsbruck 29. August 1809. U. 6.
8) Verordnung, ddo. Innsbruck 29. September 1809. U. 7.
Präses war Joseph Freiherr von Reinhart, der ehemalige Gubernialrat Joseph von Trentinaglia Vizepräses und Referent des Etschkreises, der Stempelmeister Anton von Daubraweik Referent des Eisackkreises, Gubernialsekretär Peter von Gaßler Referent des Innkreises, Gubernialrat Vinzenz von Anderlan Stiftungs- und Studienreferent, Appellationsrat Joseph von Peer Referent in Justizsachen und der Finanzrat Joseph Rapp Kameralreferent.
Statt der Nationalrepräsentanten, welche zu spät ernannt und einberufen wurden, erschienen bei den Sitzungen: Markus, Prälat vom Stifte Wilten, Joseph von Stadler, Karl Freiherr von Lichtenthurn, Joseph Riß, Bürgermeister von Innsbruck, und Joseph von Stolz. — Den Oberkommandanten vertrat gewöhnlich Johann Holzknecht zu St. Leonhard in Passeier, dann abwechselnd Mathias Ladurner, Anton Unterthurner oder Balthasar Gstrein. Der letzten Sitzung wohnten Joseph von Giovanelli der Jüngere und Johann Waldner für den Oberkommandanten bei. Übersicht zu U. 7.
9) Schreiben an den Major Jakob Margreither zu Wörgl, ddo. Innsbruck den 28. August 1809. U. 8.
10) Schreiben an die General-Landeadministration, ddo. Innsbruck 12. Oktober 1809. U. 9.
11) Verordnung, ddo. Innsbruck 21. August 1809. U. 10
12) Aus dem Ratsprotokolle vom 5. September.
13) Hofer's Vollmacht wurde gegeben zu Innsbruck den 18. September. U. 11.
14) Verordnung, ddo. Innsbruck 25. September 1809. U. 12.
15) Hofer's Bescheid, ddo. 5. Oktober 1809. U 13.
16) Bescheid an die provisorische General-Landtsadministration, ddo. 7. Oktober 1809. U. 14.
17) Auftrag, ddo. 7. Oktober 1809. U. 15.
18) Bescheid, ddo. 13. Oktober 1809. U. 16.
18 ½ ) Den Befehl hierzu fertigte der Adjutant Purtscher in Hofer's Namen am 3. September 1809 aus. U. zu 16.
19) Ausführlicher Bericht der Verschleißdirektion an das Oberkommando, ddo. 27. September 1809. U. 17.
20) Zuschrift, bdo. 11. September 1809. U 18, dann U. 19, 20 und 21.
21) Hofer's Erlass, dd. Innsbruck 25. Septbr. 1809 mit einer Bittschrift von Schwaz, dd. 30. Juni 1809. U. 22.
22) Schreiben des Rotbart, ddo. Kitzbühel den 31. August 1809, welches Hofer der General-Landesadministration zufertigte, damit diese den Verkauf des Kupfers beschleunige. U 23.
23) Bericht des Bergdirektorates, ddo. Hall 28. August 1809. U. 24.
24) Die Vollmacht wurde zu Innsbruck den 20. August 1809 ausgefertigt. U. 25.
25) Die Beschwerde ist datiert: „Wörgl den 30. August 1809" der Bericht der Bergdirektion vom 21. September darauf. U. 26 und 27.
26) Die Anweisung ist vom 12. September 1809, U. 28, und dabei ein Schreiben des Franz Ram „an den Herrn Vater Andreas Hofer" über den Vorrat an Waren und Geld in Jenbach, U. 29.
27) Speckbacher's Schreiben an das Salzoberamt Hall aus St. Johann den 30. August 1809 mit dem Bericht des Bergdirektorates vom 1. September darauf. U. 30 und 31.
28) Berichte der Direktion vom 16. und 20, September 1809. U, 32 und 33.
29) Bericht der Direktion, ddo. 16. Sept. 1809. U. 34.
30) Reskript vom 18. September 1809, U. 35.
31) Reskript an die Bergdirektion, ddo. 29, September 1809. N. 36.
32) Reskript vom 1 Oktober 1809, wonach das Gesuch erledigt wurde. U, 37.
33) Gedruckte Verordnung, ddo. Innsbruck 1. Septbr 1809. U. 38.
34) Bericht des Münzamtes, ddo. Hall 23. August 1809 mit der Erledigung vom 1. September darauf. U. 39.
35) Verordnung, ddo. Innsbruck 22. September 1809, U. 40, und 25. desselben Monats, U. 41.
35 ½ ) Dekret an die Finanzdirektion des Innkreises, ddo. 12. September 1809, mit dem gedruckten Patent. U. 42.
36) Verordnung, ddo. Innsbruck 25. Sept. 1809. U. 43.
37) Verordnung, ddo. Innsbruck 2. Okt. 1809. U. 44.
37 ½ ) Konzept des Dekrets, ddo. 12. Okt. 1809. U. 45.
38) Hofer's Schreiben an das Kreiskommissariat zu Innsbruck ddo. 15. September 1809 für Imst. U. 46.
39) Kundmachung, ddo. Innsbruck 21. Aug. 1809. U. 47.
40) Verordnung, ddo. Innsbruck 25. Aug. 1809. U. 48.
41) Verordnung vom nämlichen Datum, worüber nur die Irreligiösen und Wüstlinge spotteten. U. 49.
42) Verordnung, ddo. Innsbruck 10. Sept. 1809. U. 50. Entzweite Ehegatten suchte Hofer zu versöhnen und brachte damit öfters ganze Vormittage zu.
43) Verordnung, ddo. Innsbruck 22. Aug. 1809. U. 51.
44) Das Gesuch ist datiert: „Mahr den 30. August 1809“ und der Extraditionsbericht vom 24. Sept. darauf. U. 52.
45) Bekanntmachung, „Rathaus Bozen am 12. Sept. 1809" in der Innsbrucker Zeitung Nr. 58.
46) Die schriftliche Eingabe der Deputaten vom südlichen Tirol ist datiert: „Innsbruck" den 20. Sept. 1809 und enthält mehrere Punkte, welche durch die General-Landesadministration verhandelt und erledigt wurden. U. 53. Dass Hofer, wie Bartholdy S. 238 angibt, unter andern das Projekt gehabt, das Jesuitenkollegium zu Innsbruck herzustellen, und deshalb an den Erzherzog Johann geschrieben habe, fanden wir weder in den Akten, noch sonst bestätiget.
47) Eingabe des Fürstbischofs, ddo. 3. Okt. 1809. U. 54.
48) Dekret, ddo. Innsbruck 10. Sept. 1809. U. 55.
49) Note, dbo. 26. Sept. 1809, in Konzept. U. 56.
50) Die Professoren Feilmoser, Albertini, Hubel, Jud und Gilg wurden unter Hofer verhaftet und nach Pusterthal gebracht.
51) Reskript, ddo. Innsbruck 11. Oktober 1809. U. 57. Dasselbe wurde vollen Inhaltes abgedruckt in der diabolischen Schmähschrift: „Zwei Aktenstücke über die Meuterei in Tirol etc" und ist mit dem gleichfalls in extenso abgedruckten Patent des Erzherzogs Johann, ddo. Villach 8. April 1809, und dem Verzeichnisse der zum engeren Ausschusse nach Brixen berufenen Verordneten das einzige Wahre in diesem verleumderischen Machwerke, welches von der bayerischen Regierung sogleich unterdrückt, wie dessen Verfasser in der „Epistel an Malsiner" auf den Pranger gestellt wurde.
52) Für die theologische Fakultät wurde der Prälat des Stiftes Wilten, für die juridische der Appellationsrat von Peer, für die medizinische Professor Niedermayr und für die philosophische Professor Craffonara als Direktor vorgeschlagen in der Zuschrift vom 17. Okt. 1809 Zahl 809.
53) Bericht der provisorischen Stiftungskommission an die General-Landesadministration, ddo. 8. Sept. 1809. U. 58.
54) Beschluss der General-Landesadministration, ddo. 26. Sept. 1809. U. 59.
55) Beschluss der General-Landesadministration, ddo. 19. Sept. 1809. U. 60.
56) Note der General-Landesadministration an das Oberkommando, ddo. Innsbruck 22. Sept. 1809. U. 61.
57) Zuschrift, ddo. Innsbruck 27. Sept. 1809. U. 62.
57 1/2) Bescheid, ddo. 15. Okt. 1809. U. 63.
58) Hofer's Bescheid, ddo. 11. Okt. 1809. U 64.
59) Die Erledigung des Rekurses, ddo. 5. Sept. 1809, erfolgte am 17. Oktober darauf, Zahl 826. U. 65.
60) Bescheid vom 29. Sept. 1809 über das Gesuch ddo. 15. Sept. U. 66.
61) Bitte des Landrichters Regulati, ddo. Brixen 24. Sept. l809. U. 67.
62) Bericht der General-Landesadministration, ddo. 16. Sept. Zahl 208 über Hofer's Zufertigung vom 13. Sept. U. 68.
63) Hubel dankte für die gute Behandlung der Kommandantschaft zu Meran, aber Hofer empfahl derselben aus Innsbruck den 11. September 1809 mehr Strenge gegen den Professor Jud und Hubel. U. 69.
64) Bericht der Strafhausverwaltung, ddo. 29. Sept. 1809. U. 70.
65) Bericht des Generalkreiskommissariats am Eisack, ddo. 27. Sept. 1809, mit dem spezifizierten Schadenausweise. U. 71. Die Verunglückten in Wattens und Großvolderberg sind in dem Ausweise vom 20. August 1809 namentlich aufgeführt. U. 72.
66) Hofer's Indorsat ohne Datum. U. 73.
67) Gesuch, ddo. Weitental 14. Okt. 1809. U. 74.
68) Gesuch, ddo. Hall 28. Sept. 1809, und Bescheid der General-Landesadministration, ddo. 3.Okt. darauf, Zahl 547. U. 75.
69) Bescheid vom 30. Sept. und 13. Oktober 1809. U. 76



Quelle: Joseph Rapp, Tirol im Jahr 1809, Innsbruck 1852, S. 576 - 610.

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.