773 - Sturm an der Mühlbacher Klause


Tage zum Schlagen, da Hofer in Sterzing die letzte Abdikationsurkunde unterschrieb. Bei Tagesanbruch zog Rusca, um den Weitermarsch anzutreten, seine Division zusammen. Die Bauern, diese Bewegung gewahrend, eröffneten auf die Nahenden das Feuer. Die kräftige Erwiderung desselben zwingt sie, die Stellung zu räumen. Sie sammeln sich erst wieder in der Mühlbacher Klause, noch am Vormittag besetzt Rusca Niedervintl. In der Klause selbst hoffen sie den Feind bestehen zu können. 1) Hinter dem verrammelten Tore befehligen der Mahrwirt und Kolb das Zentrum, ihnen zur Rechten Jakob Steiner, zur Linken Kemenater. Ihre Zahl betrag kaum ein Viertel dessen, was Rusca heranführte. Der General ging mit aller Umsicht zu Werk, er hatte einst Erfahrungen an der Lienzer Klause gesammelt. Nicht allein direkt auf die schluchtgestaltige Enge wollte er stürmen lassen, auch Umgehungen sollten versucht werden. Drei Bataillone eines italienischen Regiments wandten sich gegen Meransen ins Gebirge, eine andere Kolonne umging die Klause von Vintl aus über Hachelstein. Bis aber diese beiden Teile zum Eingreifen kamen, verflossen kampfesheiße Stunden in der Klause selbst. Rusca stellt sich persönlich an die Spitze seines Hauptkorps und führt es zum Sturm. Die beiden bäuerlichen Flügel halten schon den ersten Anprall nicht aus und entweichen in die schützenden Berge. Umso gewaltiger ist der Widerstand in der Klause selbst, die auch mit Geschützen und Steinschlägen armiert ist. Zu beiden Seiten derselben, hinter Felsstücken und Bäumen vortrefflich postiert, empfangen die Schützen die eindringenden Feinde mit einem Regen wohlgezielter Schüsse. Dreimal erschallt Ruscas Kommando „Vor", ebenso oft weichen die Truppen vordem mörderischen Feuer zurück. Der General blutet selbst aus einer Wunde, so auch sein Adjutant Matthieu. Hunderte von Franzosen deckten binnen drei Stunden den Zugang zu der noch immer verschlossenen, feuerspeienden Pforte. Noch ein viertes Mal mussten die Welschen, gleich Janitscharen von den Offizieren zum Sturm getrieben, ansetzen. Es drohte ihnen derselbe verderbliche Willkomm. Da zeigen sich im Rücken der Verteidiger jene Umgehungskolonnen, und nun muss der Widerstand abgebrochen werden. Durch die Festungswerke der Klause schiebt sich Ruscas Division. Sie hat sich den Eintritt mit 500 Gefallenen erkauft, indes die Bauern, dank ihrer schützenden Position, nicht zehn verloren. Fast alle rettete ihre Behändigkeit vor der Gefangenschaft. Kolb suchte das weltentlegene Lüsener Tal auf, um dort sein Lügengewebe fortzuspinnen.

Das arme Mühlbach hatte den aufs höchste gesteigerten Ingrimm der Italiener und Dalmatiner auszuhalten. Mit Ausnahme des greisen

1) Synchronist. Übersicht a. a. O. Danach auch die Monograph. „Peter Mayr" p. 34 ff. Ergänzend Paul Wassermann a. a. O., welcher, wie er erzählt, bei der Klause gezwungen mittat. Nach dems. zeigte ein Bauer, Mayerhofer in Niedervintl, den flankierenden Franzosen den Weg gegen Rodenegg.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 773

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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