768 - Danei vor Hofer


Befehl des Sandwirts zu bestellen. Kaum wurde derselbe in der Gemeinde bekannt, so machten sich einige Bursche anheischig, das bei der Gallwiese stehende bayrische Pikett aufzuheben. Patsch war nüchtern genug, die Vergeblichkeit eines solchen Wagnisses einzusehen, und hielt die Leute zurück. Nach ein paar Tagen quartierten sich bayrische Kompagnien in Axams wie in Seilrain ein. Von den Soldaten gesucht, versteckte sich Patsch auf abgelegenen Berghöfen in Oberperfuss, suchte dann Stubai, endlich wieder Sellrain auf, um schließlich entdeckt und in den roten Turm nach München abgeführt zu werden.

In dem Augenblick also, da Sieberer und Danei nach gefahrvoller Reise in Sterzing, dem Quartier des Sandwirts, am 8. November erschienen, sah es zu beiden Seiten des Brenner wieder recht kriegerisch aus. Zürnend traten sie vor den Sandwirt, der eben in der Gastherberge beim Plattner das Mittagsmahl einnahm. Den Männern das Ungewitter von der Stirne ablesend, suchte Hofer mit gemütlichem Willkomm dasselbe von sich abzulenken: ,,O gottlob, dass Sie nur wieder da sind, Paterl, um Sie hab ich wohl eine rechte Angst gehabt!" Vorwurfsvoll entgegnete der Angesprochene: „Dass ich vor Euch stehe, habe ich entweder Gott oder der Großmut des französischen Generals zu danken." Und nun ergoss sich Daneis tadelnder Wortschwall über den armen Hofer. Kleinlaut suchte sich der zu verteidigen: ,,Ich hab nit anders können. Wie Sie fort waren und ich zum Brenner gehen wollte, sind solche Brixener Lumpen kommen und haben mich aufgefordert, das Volk aufzubieten. Ich habe selbst lange nicht gewollt. Aber ich musste, sie hätten mich erschossen. Was hätt' ich tun sollen?" „Zur Stiege hinunterwerfen!" gab Danei zurück. Wieder suchte Hofer zu begütigen: „Mei liebs Paterl, i kann koan Hiendl was Loads tien." Der Priester eiferte weiter: „Aber Tausende von Familien ins Unglück stürzen und das ganze Land unglücklich machen, das kannst du!" Endlich kam es zur ruhigeren Berichterstattung über die Aufnahme beim Vizekönig. Sie schloss mit der ernsten Frage, wie es denn in Südtirol stehe. Hofer bekannte wahrheitsgetreu, in Bozen seien die Franzosen zwar eingerückt, aber der ganze Landsturm sei befehligt, in zwei Tagen anzugreifen. Danei, unterstützt von Sieberer, machte nun den Sandwirt verantwortlich für all das Blut, das noch fließen werde. Immer übler wurde Hofer zumute. Völlig gebrochen suchte er die Pein abzukürzen: „jetzt macht mir nit lang Vorwürfe, i hab nit anders können, war selbst froh, wenn die Geschicht' einmal ein End hätt'; jetzt geht und macht, dass das Volk heimgeht. Ich weiß mir nit mehr zu helfen, tut meinetwegen, was ihr wollt, unser lieber Herrgott und seine Mutter werden wohl alles recht machen." Die zwei Gesandten nützten den Augenblick und entwarfen ein Manifest, das Hofer ohne weitere Umstände zeichnete. Sie selbst, der herbeigerufene Richter, drei Gerichtsschreiber und was sonst

Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 768

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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