737 - Am Berg Isel


im Steinacher Kreise. Major Nachbaur bekam die tröstlichsten Zusagen. „Die unglückliche Affäre im Unterinntal" bedeute nur einen Aufschub für wenige Tage. Roschmann sekundierte dabei mit Eifer. Er wies dem Major seine kaiserliche Bestellung und versicherte, von Österreich werde es an Unterstützung nicht fehlen. 1)

Nicht zwar Hofer selbst, aber Holzknecht rückte vor, indem dieser mit ein paar tausend Mann, worunter die Passeirer, die Iselberglinien verließ und die Höhen nordöstlich von Innsbruck besetzte. Westlich davon breiteten sich Firlers Oberinntaler aus. Speckbacher stand jenseits der abgetragenen Haller Brücke. Vor den Augen der Bauern vollzog sich an diesem Tage (24.) der Einzug der Bayern in Hall. An der Lust zum Losgehen hätte es bei den Massen nicht gemangelt — vom Frieden durfte man ihnen noch immer nicht sprechen 2) —, aber es bestand kein Plan, kein Zusammenwirken. Nur die Herstellung einer Schiffbrücke in Hall erfolgte unter dem Feuer der Tiroler. Nicht so sehr an Zahl war bei ihnen Mangel, als an Ordnung und Geschlossenheit. 3) Selbst Speckbacher vermochte seine Leute nicht beisammen zu halten. Von Hofer begehrte er gleich zehn Kompagnien, um sich auf der Ellbögener Strasse behaupten zu können. So machten die Bauern, während die Divisionen Kronprinz und Wrede langsam im Haupttale vorrückten, die neugierigen Zuschauer.

Die Bayern behielten ihr vorsichtiges Tempo bei. Die menschenleeren Ortschaften, die auf den Höhen sich zeigenden Kolonnen, bei Nacht die Reihe von Feuern, das Hess sie eine größere Widerstandskraft vermuten als noch vorhanden war. Drouet besetzte im Laufe des 24. Hall und ließ noch Posten von dort aus auf der Reichsstrasse vorgehen. In einem Ausschreiben rügte er das Verlassen der Wohnungen und sicherte

1) Jos. Sigm. Nachbaur an einen ungenannten Oberkommandanten, Landeck, 24. Okt. J. M.
2) Zwei Servilen, welche General Siebein als Friedensboten auf den Voldererberg sandte, wurden mit Gelächter aufgenommen. Ludwig Rapp, Schicksale d. Servitenklosters bei Volders p. 34.
3) Das Horarium Knoflachs für d. 24. Okt. illustriert diese Unordnung: „12 Uhr, alles läuft durcheinander, die Bayern scheinen zu kommen, die Neustadt wimmelt von Bauern, fürchterlicher Lärm.
½ 1 Uhr, die ganze Stadt ist leer, alles lief zum Isel, die Bayern sind in Hall.
2 Uhr, nun sind wieder Bauern in der Stadt, es war blinder Lärm. Bald rücken auch die Matreier mit Musik ein.
6 Uhr, ich sehe vom Dach und mit dem Fernrohr die Bayern wirklich in Hall. Die Bauern zogen nun wieder zum Isel.
8 Uhr, viele Bauern ziehen in der Stadt herum. Die ersten Bayern stehen beim Schererhof" (eine Stunde westlich von Hall an der Reichsstrasse).
Die unter diesen Umständen in Innsbruck herrschende Anarchie presst dem Chronisten die Worte aus: „Wenn wir nur bald einen rechtmäßigen Herrn bekommen, ich bin mit jedem zufrieden: diese Lage ist abscheulich."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 737

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.