670 - Im Sandwirtshaus


Sandwirt etschaufwärts dem heimatlichen Tale zu. 1) Zu nächtlicher Stunde erreichte er Mais, wo er sogleich seinen vertrauten Stallele aufsuchte, von dessen Hause fort er sich mit Windlichtern nach Meran geleiten ließ, um beim Kreuzwirt, wo er schon als einfacher Sämer immer eingestellt, der Nachtruhe zu pflegen. Am folgenden Vormittag sieht man ihn im Verkehr mit den geistlichen und weltlichen Spitzen der Stadt, zu Mittag tritt er die Wanderung nach Passeier an. 2) Verlangen nach den teuren Angehörigen mag seine Schritte beflügelt haben. Hörte man ihn ja mitten im Drange des Lebens in der Hofburg seiner Familie gedenken, „der lieben Furvelen", wie er seine Kinder mit scherzendem Kosewort benamste. 3) Und nun war er wieder bei ihnen und seinem Weibe Anna, einer „vernünftigen, ruhigen und frommen Frau", wie ein Zeitgenosse der Sandwirtin ehrend erwähnt. Still oblag sie dem Berufe des Hauses und bediente, wie es stets am Sand gehalten worden war, die Einkehrenden. Fast nie soll sie, wenn es sich nicht um eigene Familiendinge handelte, vom abwesenden Gemahl gesprochen haben. Aber das Herz weilte bei ihm und bangte für ihn. Ihm galten daher auch ihre Gebete und die Gebete jener, die sie auf Wallfahrten schickte. 4) Seit fast zwei Monaten war es das erste mal, dass der Familienkreis in Hofers Hause wieder geschlossen war. Zwischen Wirt und Wirtin wird es manches zu besprechen gegeben haben. Nach zwei Tagen nahm der Vater Abschied. Der Sämersteig führte ihn über den Jaufen. In Sterzing gab es für Pustertal ähnliche Vorsorge zu treffen wie mit Morandell für den südlichen Landesteil. Gegen die Anmaßungen und Treibereien eines Kolb und Luxheim musste nach einem verlässlichen Kommandanten umgesehen werden. Steger war nach Sterzing bestellt worden, derselbe, der einst die Bauerndeputierten in Wien geführt hatte. Just recht, Toni, so empfing ihn Hofer, du übernimmst den Befehl für Pustertal, das Sterzinger Gebiet und den Eisackkreis bis Kolman, und willst du dich weigern, so schick ich einen Expressen zum Kaiser. Gleich wurde die Bestellung niedergeschrieben, mit dem Siegel versehen, und ein kräftiger Trunk auf den Kaiser und den Erzherzog beschloss das schnell abgewickelte Geschäft. 5) Der Abend des 8. September sah den Sandwirt wieder in der Hofburg. Ein Trupp Schützen war ihm bis auf den Schönberg entgegengegangen.

1) Nach Giovanelli weilte Hofer nur einige Stunden in Bozen.
2) Mém. de Mais.
3) Chronik von Pusch. Es waren fünf Kinder: Johann 14, Maria 12, Rosa 10, Anna 6, Gertrud 3 Jahre alt. Hofers Weib zählte 43 Jahre; sie war ein Jahr älter als er.
4) Jos. Ladurners Aufzeichnungen J. M.
5) Relation Stegers a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 670

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.