669 - Hofer in Bozen


gezogenen Säbeln, dann kamen zwei Leiterwagen, auf denen acht Adjutanten und Hauptleute Platz genommen, endlich Hofers Vierergespann. Den Platz in der Kutsche teilte er mit Holzknecht und einigen Passeirern. Zur Seite tummelte sich der Vorarlberger Riedmüller als Reitersmann. Ein dritter Leiterwagen machte den Schluss, auf ihm wurde ein stattliches Weinfass mitgeführt. An keinem Orte, den man berührte, fehlte es an jubelnden Ovationen. In Brixen wurde für einen Tag Aufenthalt genommen. Feierlich einbegleitet, begab sich der Sandwirt zum Tedeum in die Domkirche, worauf er dem Bischof seine Aufwartung machte. Dort meinte er noch seine Entschuldigung wegen Abführung geistlicher Professoren vorbringen zu sollen. Als er den mündlichen Wunsch des Kirchenfürsten nach Restituierung des Seminars vernahm, befahl er nochmals dessen Erfüllung. Eine Einladung, Gast des Bischofs zu sein, lehnte er ab. In den Gasthof zurückgekehrt, nahm er den Besuch der Beamtenschaft entgegen. Gleicher Empfang ward ihm in Bozen zuteil. Bürgerwehr und Bauernkompagnien holten ihn ein. Der bäuerliche Hauptmann Franz Lang (Köbl) hatte einmal gehört, es sei Sitte, große Herren mit Umarmung und Kuss zu begrüßen. Solche seltene Ehre wollte er dem hohen Besuche nicht vorenthalten. Er sollte eine Enttäuschung erfahren. Hormayrs, des Stadtherrn, Umarmung hatte sich Hofer einst gefallen lassen. Wie sich ihm nun aber der bäuerliche Landsmann an den Hals warf, stand er erstaunt und wies den allzu höflichen zurück mit den Worten: „Bist denn ein Narr?" 1) Auch was er sonst in Bozen erlebte, bereitete ihm nicht allzu große Freude. Sein Besuch im Hause Giovanellis, um denselben an seine Seite zu bitten, war damals vergeblich. Besonders ärgerlich war es ihm, als ihm der Bozener Hauptmann Franz Gasser in ganz ungeziemender Weise den Gehorsam verweigerte. Er ließ ihn sogleich in den Arrest abführen. Die Angelegenheit, die ihn nach seiner Versicherung zur Reise in das Etschtal bewogen hatte, die unerfreulichen Zustände bei der südtirolischen Landesverteidigung, behandelte Hofer während des kurzen Verweilens in Bozen eigentlich so summarisch, dass man fast denken möchte, sie sei nicht das einzige oder Hauptmotiv seiner Reise gewesen. Was er in dieser Richtung, soweit sich seine Tätigkeit verfolgen lässt, leistete, bestand in einer Proklamation an die „lieben Landsleute und tapfern Waffenbrüder", worin er wiederholte, dass, „da sich so viele Unordnungen durch mehrere selbst aufgedrungene Kommandanten ergeben haben", in seiner Abwesenheit Morandell als einzig berechtigter Befehlshaber aufgestellt sei und daher keinen Anordnungen Folge geleistet werden soll, die nicht von diesem oder von Hofer selbst ausgefertigt wären. Das war alles. In sichtlicher Eile trieb es den

1) Gänsbacher a. a. O.

Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 669

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.