667 - Schwierigkeiten in Welschtirol


Seiten stürmte man auf ihn ein, sein gutes Herz war stets bereit zu helfen, und jeden Augenblick versagten die Mittel. Von einem geordneten Haushalt konnte keine Rede sein. Es sind Dinge vorgekommen, die nur in der verzweifelten Ratlosigkeit eine gewisse Entschuldigung finden können. Dahin zählt auch die von Hofer erwirkte Erlaubnis, die in Innsbruck niedergelegten Sammelgelder für die verunglückten Unterinntaler anzugreifen. Sie sollten „bei der dringenden Notwendigkeit" freilich nur als Vorschüsse dienen, die zu ersetzen waren, „sobald die Kasse wieder zu Kräften kommt". 1) Aber wann wäre das der Fall gewesen! So blieb der größte Teil der gesammelten Liebesgaben den Ärmsten verloren. 2)

Unter tausenderlei Sorgen und Geschäften verstrichen des Sandwirts Tage in der Hofburg. Ein feierndes Leben war es nicht, das er führte. Das ihm eigene gutmütige Phlegma mag seine Widerstandskraft gegen Ermüdung erhöht haben. Unterbrach er einmal seinen Innsbrucker Aufenthalt, so geschah es nicht eines Erholungsurlaubes wegen, sondern weil er persönlich in Südtirol eingreifen wollte, um der fortdauernden Verwirrung daselbst zu steuern. Als im August die französische Brigade d'Azmar Miene machte, über Trient vorzubrechen, wurden die Welschtiroler zu den Waffen gerufen. Auch die Hauptleute des Burggrafenamtes Torggler, Tönig und Schweiggl führten ihre Kompagnien ins untere Etschtal. Die äußere Gefahr ging zwar schnell vorüber, aber die Ruhe wollte nicht einkehren. Die Ausdauer und Disziplin der deutschtirolischen Kernmannschaften war den welschtirolischen Bauern, so gut gesinnt sie waren, nicht eigen. Zu selbständigen Verteidigern qualifizierten sie sich nicht. 3) Unter ihnen suchte Dalponte, früher Umgeldeinnehmer in Judikarien, eine Stellung, ähnlich jener des Sandwirts, zu gewinnen. 4) Hofers engere Landsleute wollten von ihm nichts wissen, auch Steffenelli von Nonsberg machte ihm den Rang streitig. Zwar suchte Dalponte eine gewisse Ordnung gegen Ruhestörer und Übeltäter zu wahren, aber seine Verbindung mit dem Banditen Sebastian Garbini brachte ihn auch bei den ordnungsliebenden Elementen um allen Kredit. Garbini, der Sohn einer begüterten Familie in Schio bei Vicenza, hatte sich wegen schwerer Verbrechen von Hause flüchtig gemacht und Leiningen seine Dienste angeboten. Bald entpuppte er sich vor demselben in seinem wahren Lichte, so dass seine Verhaftung anbefohlen wurde. Bei Dalponte erreichte er

1) Hofers Erlass v. 1. Sept. J. St.
2) Auch für das abgebrannte Dorf Scharnitz ist wieder gesammelt worden. Passeier sandte dafür 90 G.
3) Dar. Hormayr ausführlich an Zichy, 26. Sept. Auch Welschtirol stellte eine Reihe verdienter Männer: Stanchina von Sulzberg, Taddei von Croviana, Kasimir v. Bosio, Karl v. Savoi, die Fleimser Scario Delugan und Jos. v. Ress. Die heldenmütige Josefine Negrelli war ein welschtirolisches Mädchen von Spinges.
4) Auch Dalponte erließ ähnliche Aufrufe wie Hofer.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 667

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.