657 - Hofers Anrufung durch den Klerus


kommen alle zeitgenössischen Stimmen überein, dass man nur der Gegenwart des Sandwirts die Erhaltung der bürgerlichen Bande in Stadt und Land zu danken hatte.

In der ganzen Denkungsart Hofers war es begründet, dass der Klerus in seinen Anliegen auf geneigtes Gehör rechnen konnte. Da verlangten zahlreiche Wunden, die Bayern geschlagen hatte, nach Heilung. Die Stifter reklamierten die eingezogenen Güter, die auf Hungerpensionen gesetzten geistlichen Personen baten um Verbesserung ihrer Lage. Bei allem Wohlwollen, das man solchen Beschwerden entgegenbrachte, war es unmöglich, ihnen gerecht zu werden. So lange der Krieg währte, fehlten die Mittel völlig. Bayern hatte das eingezogene Kirchenvermögen öffentlichen Fonden zugewiesen, denen man im Falle der Restitution hätte Ersatz leisten müssen. Die Tendenz, der Geistlichkeit entgegenzukommen, war vorhanden, aber die Not war stärker als der Wille. Nur wenige und unbedeutende Fälle wurden soweit erledigt, dass Bewilligungen erfolgten oder doch tröstliche Zusagen gegeben wurden. Bei der häufig juridisch verwickelten Sachlage überließ Hofer die Behandlung der Generaladministration, ohne sich weiter einzumischen. 1) Dem Bischof von Chur wurde abermals — das erste mal schon von Hormayr — die Zurückgabe des Fürstenburgschen Urbars, dem Frauenkloster Münster der Bezug seiner tirolischen Gefalle zugesagt. Ähnlicher günstiger Erledigungen freuten sich die Benediktinerinnen auf Säben und die Klarissen in Brixen. Auf Ansuchen des Bischofs Lodron wurde das Seminargebäude, unter Bayern zu Kanzleien verwendet, wieder seinem ursprünglichen Zweck zurückgegeben. Die von Bayern säkularisierten Ordensleute erhielten bis zum Wiederaufleben ihrer Konvente die

1) Als typisches Beispiel sei folgender Fall mitgeteilt. Der Stiftsadministrator von Neustift Felix Schneider in Mariaheim wandte sich an Hofer mit der Bitte, dass das unter Bayern an den Bauer Wenter verkaufte Klostergut, der Bachlerhof, dem Stift zurückgegeben werde. Hofer stimmte zu, überwies aber die Angelegenheit an Daubrawik als Referenten für den Eisackkreis. Dieser stellte dem Prälaten Leopold vor: „Das Gut ist zwar, weil der Kauf noch nicht ratifiziert ist, dem Käufer nicht wirklich eingeräumt, aber zum einstweiligen Nutzgenuss überlassen, weil an der Ratifikation seinerzeit nicht gezweifelt wurde. Der Käufer ist also bezüglich der heurigen Ernte bona fide possessor. Sollte ihm dieselbe nicht erlaubt werden, so müsste er entschädigt werden und davon dürfte das Stift keinen Nutzen haben, wahrscheinlich noch einen Prozess bekommen. Nachdem Österreich die Rückgabe der Kirchengüter in Aussicht gestellt hat, so wird der Prälat ersucht um seine Äußerung, ob er mit dem Verkaufe um 10 400 G. einverstanden wäre oder doch vom heurigen Fruchtgenuss abstehen möchte, da dieser jedenfalls dem Studienfonde zufließen müsste." Die Antwort des Prälaten (29. Sept.) lautet, er habe dem Administrator die von demselben beabsichtigte Fechsung untersagt, behalte sich aber das Recht auf das Gut vor und verzichte zugunsten Wenters auf den diesjährigen Fruchtgenuss. Im übrigen überlasse er es der Einsicht der Administration, das zu wählen, was dem Schulfonde vorteilhafter ist. Darauf erklärt Daubrawik: Da sich der Prälat das Eigentumsrecht vorbehält, so soll sich der Käufer nach der Ernte gütlich mit demselben auseinandersetzen. M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 657

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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