594 - Pontlatz


Unglück gefangen zu werden und wurde von den Soldaten zu Tode gemartert. Das wirkte auf die Stürmermasse ebenso wutentflammend wie jene Exekution in der Sachsenklemme. Unterdessen hatte Burscheid mit seiner Hauptmacht langsam die Straße durch die Tullenau zurückgelegt bis zum Weiler Entbruck, wo eine Brücke auf das gegenüberliegende Prutz führt. Sie war abgebrochen. Alle Versuche, sie herzustellen, scheiterten am wirksamen Feuer der hinter der jenseitigen Flussarche postierten Schützen. Die erbitterten Soldaten steckten den Weiler in Brand, der davon gerötete Abendhimmel leuchtete wie ein Kreidefeuer der Einwohnerschaft des Bezirkes. Was laufen konnte, Männer und Weiber, eilte, um behilflich zu sein, wenn es gälte, den Eindringlingen Abbruch zu tun.

Die fehlende Brücke verurteilte das Korps zu peinlichem Stillstand. Längerer Aufenthalt war unmöglich. Fehlte ja schon alles zur Verpflegung der ermatteten Mannschaft. So reifte der Entschluss Burscheids zur Rückkehr über die bisher wohl bewachte Pontlatzbrücke. Durch das Dunkel der Nacht hoffte er gegen Anfälle gedeckt zu sein. Fußvolk ging voran, dann folgte Reiterei, Geschütz und das übrige. Wie sehr sich auch die abziehende Truppe der Geräuschlosigkeit befliss, dem wachsamen Volk blieb der Marsch nicht verborgen. Die Katastrophe von 1703 lebte noch in aller Erinnerung. Sie zu erneuern, schien die Gelegenheit günstig. Der Brücke selbst ließ sich zwar nichts anhaben, aber augenblicklich ging es an die Anlegung von Verhauen und die Auftürmung von Steinmassen. Ehe der Vortrab die Brücke erreichte, stieß er schon auf eine Verlegung der Straße. Das Hindernis wurde notdürftig beseitigt. Noch hatten nicht alle über den Fluss gesetzt, da hörten sie Rufe: Lassts ab. Und von den Höhen prasselt es nieder, die Felsen waren lebendig geworden. Lawinen von Steinen und Felstrümmern fahren zu Tal und tragen in den Wandererzug Tod und Verderben. Eine wahrhaft schaudervolle Nacht! Ihre Finsternis durchzucken die Blitze des Gewehrfeuers, das aus Busch und Klüften in den Knäuel der Unglücklichen hineinknattert. Mann und Ross, auch ein Geschütz wurde in die Tiefe des Bergstroms geschleudert Kaum vernahm man das Gestöhne der Verwundeten beim Dröhnen der Sturzmassen und dem Tosen der Wasserwogen. Das vorausziehende Bataillon unter Major v. Büllingen wurde von diesen Schrecknissen nur gestreift, laufend gelangte es noch aus dem Bereich der gewaltigsten Steinbatterie am Felsenkopf neben der Brücke. Aber ruhiger Weitermarsch war auch ihm nicht gegönnt. Bald stand wieder ein Verhau im Wege, der abgetragen werden musste. War diese, bei Nacht doppelt schwere Arbeit vollbracht und gelangte man wieder zu Holzrisen und Absturzstellen, so polterten schon aus der Höhe von Fliess Steine und Pflöcke herab und nötigten den Trupp, Mann hinter Mann, an die Bergseite sich schmiegend, in stundenlangem Laufschritt

Pontlatzer Brücke © Martina Matuella
Pontlatzer Brücke
Brücke seit der Römerzeit (Via Claudia) als "Pons Ladis"; urkundlich Brücke seit 1329 belegt
Eisenbogenbrücke aus dem Jahre 1899
© Martina Matuella, Oktober 2007

Denkmal bei der Pontlatzer Brücke nördlich von Prutz, Bezirk Landeck, Tirol © Martina Matuella
Denkmal bei der Pontlatzer Brücke nördlich von Prutz, Bezirk Landeck, Tirol.
Das Denkmal wurde im Jahr 1904 errichtet.
© Martina Matuella, Oktober 2007
Inschrift:
"1703 - 1809
Hier
bei Pontlatz ist die denkwürdige Stelle, wo am 1. Juli
1703 die tapferen Männer der vier Gerichte Landeck,
Laudeck, Pfunds und Naudersberg unter Führung des
kaisertreuen Patrioten Martin Sterzinger den Ansturm
eines feindlichen Kriegsvolkes brachen und durch die
Vernichtung eines ganzen Corps den Muth der streitberen
Männer in allen Teilen Tirols zu ähnlichen Heldenthaten
weckten."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 594

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.