587 - Tage ohne Entscheidung


Mit dem Erfolge dieser Kämpfe um Sterzing war keine der beiden Parteien zufrieden. Der Sandwirt musste wahrnehmen, dass seine Leute gegen den immer von neuem vorstoßenden Feind sich nur schwer behaupteten. Als am Morgen des 9. die Bayern den Angriff unter heftigem Granatenfeuer 1) wieder aufnahmen, ermunterte er den Grafen Mohr zu einer Diversion, „damit es denen zu Gasteig ein wenig haltsamer würde". 2) Besonders ärgerlich war er über die Vintschgauer, dass sie nicht mehr standhalten wollten. Er gedenkt, die Unverlässlichen durch andere zu ersetzen, und erlässt an den Freund sein urwüchsiges Befehlschreiben: „Besonders lieber Stallele! Indem die Vintschgauer wahrhaft schlecht sein und alle zum Teufel laufen, und gienge so gut, weil wir aber also wegen die Vintschgauer zu schwach sein könnten, so wirst du dringend ersucht, gleich 6 oder 7 Kompagnien hieher zu verordnen, aber nur geschwind, es geht sonst alles gut, pur wegen die Vintschger, damit sie (die Feinde) uns nit alleweil rechts und links auf den Buggl kommen. Lieber Stallele, mach nur, dass sie Tag und Nacht laufen." 3)

Und was hatte Lefebre erreicht? Den dritten Tag standen die Seinen im Feuer und weder auf Maulser noch auf Mareiter Seite war er einen Schritt weiter gekommen. Von Rusca oder andern Kolonnen noch immer keine Spur. Vielleicht wurde auch die Geschützmunition schon karg, 4) jedenfalls fehlte es stark an der Verpflegung. Gerade der Morgen des 9. August belehrte ihn, dass die ihm gegenüberstehende Macht noch ungebrochen sei. Konnte Stengel nicht über den Geilbach gelangen, so war das Ergebnis eines hitzigen Gefechtes in den Frühstunden dieses Tages vor Mauls bloß die Wiederbesetzung dieses Dorfes, das die Bauern infolge eines gelungenen Flankenangriffes räumten. 6)

Dies alles bewog den Marschall, sich mit dem Gegner wieder in Verbindung zu setzen. Zunächst sollte es mit einer Drohung versucht werden. Hofer bekam ein Schreiben Lefebres mit der Aufforderung, sich zu ergeben, sonst gebe es ein großes Sengen und Brennen. 6) Der Sandwirt zögerte mit der Antwort, er harrte noch der Rapporte seiner

1) Von Tuins her. Caj. Sweths Aufzeichn. in Tir. Bote 1832, 27 ff.
2) Hofer an Mohr (in Telfes, vel ibi ubi) 9. Aug. Hofers gedrückte Stimmung bezeugt das hier angehängte P. S.: „Übergeben, wenn Sie sich ein wenig halten kenten, tue ich wol nicht gern." Dass die Verluste der Bauern nicht gering waren, bezeugt Joh. Hofer, dessen Kompagnie an diesem Tage allein 4 Tote und 5 Verwundete hatte.
3) Hofer an Joh. Mösl (genannt Stallele), Kalch, 9. Aug. Es unterschreiben noch mit Jos. Spitaler, Weisblatter und Jos. Prunner, Höbsacker.
4) Lantschner versichert, am 9. Aug. selbst gesehen zu haben, dass feindliche Geschütze mit Steinen geladen wurden.
5) Lantschner misst die Schuld dem Rotbart bei, welcher vom Valserjoch her zu spät gekommen sei.
6) Das Schreiben kam, wie Hofer am 9. meldet, „heute früh".



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 587

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.